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Gochsheim: Mit Gemüse Geschichte geschrieben: Wie Gochsheim zu seinem grünen Daumen kam

Gochsheim

Mit Gemüse Geschichte geschrieben: Wie Gochsheim zu seinem grünen Daumen kam

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    Am Gochsheimer Gemüselehrgarten sind allerlei historische Gartengeräte zu bewundern und –wie diese "Brachmaschine" – im Einsatz zu erleben. Hinter dem Rad ist eine Schneide, die hier zwischen den Zwiebeln alles beseitigt, was dort nicht wachsen soll. Gleichzeitig wird der Boden gelockert.
    Am Gochsheimer Gemüselehrgarten sind allerlei historische Gartengeräte zu bewundern und –wie diese "Brachmaschine" – im Einsatz zu erleben. Hinter dem Rad ist eine Schneide, die hier zwischen den Zwiebeln alles beseitigt, was dort nicht wachsen soll. Gleichzeitig wird der Boden gelockert. Foto: Helmut Glauch

    Schwebheim, Sennfeld und Gochsheim, drei Gemeinden mit grünem Daumen, verbindet eine lange gärtnerische Erfolgsstory. Die Tradition des Anbaus von Gemüse und Kräutern lebendig darzustellen ist deshalb Ziel des gemeinsamen Projekts "Kräuterlandschaft entdecken, Gemüseanbau erleben, Saisonvielfalt spüren", das vor gut zehn Jahren mit Mitteln aus dem bayerischen Staatshaushalt, aber auch mit Geldern aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds aus der Taufe gehoben wurde.

    Während Sennfeld nach dem Motto "Genuss aus dem Gemüsegärtchen am Main" mit Gemüsepavillon und 2,3 Kilometer langem Lehrpfad den modernen Gemüseanbau zeigt, geht es in Schwebheim eher um "Entdeckungen im fränkischen Apothekergärtlein". Auch dort gibt es einen Kräuterpavillon und einen Erlebnis-Lehrpfad. Gochsheim lädt auf dem Gelände des mehr als 4000 Quadratmeter großen Schau- und Gemüselehrgartens am Hetzberg zu einer Zeitreise in die Gemüseanbau-Methoden von einst ein. Ergänzt wird das Angebot durch eine Medienstation mit interaktiver Ausstellung.

    Der Besuch aller drei Anlagen gehört zum Programm der 40. Schweinfurter Seniorenwochen, in deren Rahmen noch bis zum 3. Juni beinahe täglich Angebote gemacht werden. Am Donnerstag war der Gochsheimer Gemüselehrgarten Ziel einer Gruppe von Seniorinnen und Senioren.

    Im Gewächshaus auf dem Gelände des Gochsheimer Gemüselehrgartens ist der Salat schon reif für die Schüssel. Am Ende der Führung durften sich alle Teilnehmer einen Salatkopf mit nach Hause nehmen.
    Im Gewächshaus auf dem Gelände des Gochsheimer Gemüselehrgartens ist der Salat schon reif für die Schüssel. Am Ende der Führung durften sich alle Teilnehmer einen Salatkopf mit nach Hause nehmen. Foto: Helmut Glauch

    Mit original in Gochsheim eingeweckten "Kümmerli" wurden die Gäste, darunter Walter Löser und Carola Sängerlaub vom Schweinfurter Seniorenbeirat, von Verantwortlichen des 2013 eigens für den Lehrgarten-Betrieb gegründeten Vereins "Kräuter, Kraut & Rüben" auf den Vormittag eingestimmt. Die rund eineinhalbstündige Führung übernahmen die Gästeführer Leo Greier und Wolfgang Menzinger sowie Vorsitzender Manfred Deppert.

    Man wolle mit der Anlage das Kulturgut Gochsheimer Gemüseanbau der Nachwelt erhalten, so Greier. Das gelinge aber nur, wenn sich die jüngere Generation für dieses Thema auch interessiert, verwies Manfred Deppert darauf, dass der Verein junge Leute sucht.

    In Gochsheim haben sogenannte "Kern-Waffen" Tradition, und die sind nicht mal radioaktiv, sondern langlebig und zuverlässig. Gemeint sind damit Gartengeräte aus der einstigen Gochsheimer Schmiedewerkstatt Kern.
    In Gochsheim haben sogenannte "Kern-Waffen" Tradition, und die sind nicht mal radioaktiv, sondern langlebig und zuverlässig. Gemeint sind damit Gartengeräte aus der einstigen Gochsheimer Schmiedewerkstatt Kern. Foto: Helmut Glauch

    Warum ist Gochsheim so prädestiniert für den Gemüseanbau? Seit dem Jahr 1235 weiß man in Gochsheim vom gewerbsmäßigen Gemüseanbau. Gute Tipps von den Mönchen im Kloster Ebrach seien da wohl ausschlaggebend gewesen, meint Menzinger, denn die Klosterbrüder teilten ihren großen Erfahrungsschatz im Landbau mit den Gochsheimern. Spezialisierung und Konzentration auf Ertrag bringenden Anbau brachten mit sich, dass Gochsheim sich mit der Zeit das Prädikat "Kümmerlesdorf" verdiente.

    "Die Gurke war in Gochsheim das Hauptgemüse", informiert Menzinger. Mehr als 30 Betriebe, vom Familienunternehmen bis zum Großbetrieb, widmeten sich dem Einlegen von Gurken in der Zeit zwischen den Kriegen und bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts.

    Das hat sich gewandelt. Die Gurken, die heute in Gläsern für rund einen Euro angeboten werden, kommen meist aus dem Ausland. "Dafür bekämen wir heute hier gerade noch die Zutaten, die außer den Gurken ins Glas kommen", so Menzinger.

    Der Eibisch half einst den Gochsheimer Gemüsebauern finanziell über den Winter, denn in der kalten Jahreszeit wurden dessen Wurzeln geputzt und für den Verkauf vorbereitet. Der langen Pfahlwurzel des Eibisch wird heilende Wirkung bei Husten und Halsweh nachgesagt.
    Der Eibisch half einst den Gochsheimer Gemüsebauern finanziell über den Winter, denn in der kalten Jahreszeit wurden dessen Wurzeln geputzt und für den Verkauf vorbereitet. Der langen Pfahlwurzel des Eibisch wird heilende Wirkung bei Husten und Halsweh nachgesagt. Foto: Helmut Glauch

    Aber auch für seine Runkelrüben war der Ort bekannt. Als Setzlinge wurden Gochsheimer Runkelrüben im ganzen Land vermarktet. Aufgrund der frühen Vegetation waren die Gochsheimer Runkelrüben bis Fronleichnam groß genug, um verkauft werden zu können.

    Auch der Anbau des echten Eibisch, einer Heilpflanze gegen Husten und entzündete Atemwege, hatte in Gochsheim Tradition. Beim Eibisch handelt es sich um eine winterharte Staude mit langer fleischiger Pfahlwurzel. Und dieser Wurzel wird die heilende Wirkung nachgesagt. Im Herbst wurden die Pflanzen geerntet, in Sand eingeschlagen und im Keller gelagert. Geputzt und verkauft wurden die Wurzeln im Winter, was den Bauern finanziell über die kalte Jahreszeit half. So wurden Eibisch und Runkelrüben-Pflanzen in Gochsheim zum "Wintergemüse für den Geldbeutel".

    Gochsheimer Gemüse per Bahn ins ganze Land geliefert

    Auch wegen seines Gemüses, das ins ganze Land geliefert wurde, bekam Gochsheim schon 1906 einen Bahnhof. 1913 waren es Waren im Wert von 116.000 Reichsmark, die in Gochsheim auf die Schiene gebracht wurden, 1920 dann schon für 1,5 Millionen, so Leo Greier. Eibisch, Zwiebeln, Steckrüben und die Gurken, das waren die "Gochsheimer Vier", auf die sich Gochsheims Ruf als Gemüsedorf aufbaut.

    Diese speziellen "Demmelbrieter" haben den Gochsheimern ihren Spitznamen "Gochsheimer Zwiefltrater" verpasst.
    Diese speziellen "Demmelbrieter" haben den Gochsheimern ihren Spitznamen "Gochsheimer Zwiefltrater" verpasst. Foto: Helmut Glauch

    Wasser, klimatische Bedingungen, gute Böden und Landwirte, die ihr Handwerk verstehen, das seien die wichtigen Komponenten, die in einem Gemüsedorf erfüllt sein müssen, so Wolfgang Menzinger. Der Gochsheimer Boden, das sind die Ausläufer der Mainauen. "Je näher man an den Main herankommt, desto sandiger ist der Boden, wir haben hier die richtige Mischung zwischen Sand und Humus." Zum sandigen Humusboden komme in 20 Metern Tiefe eine ziemlich wasserdichte Keuperschicht, die dazu beitrage, dass das Wasser lange im Boden bleibe.

    Trend zum "selber etwas anbauen" deutlich spürbar

    In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sei die regionale Landwirtschaft und damit der Gemüseanbau etwas ins Hintertreffen geraten, aber es zeichne sich eine Trend-Umkehr ab, so Wolfgang Menzinger. "Das Interesse bei jungen Leuten, wieder selbst etwas anzubauen, ist spürbar gestiegen."

    Mit original und natürlich selbst eingelegten "Gochsheimer Kümmerli" wurden die Seniorenwochen-Teilnehmer von den Gästeführern Leo Greier (links) und Wolfgang Menzinger begrüßt.
    Mit original und natürlich selbst eingelegten "Gochsheimer Kümmerli" wurden die Seniorenwochen-Teilnehmer von den Gästeführern Leo Greier (links) und Wolfgang Menzinger begrüßt. Foto: Helmut Glauch

    Beim Rundgang durch Garten, Gewächshaus und Kräutergarten wurde den Gästen erläutert, mit wie viel Handarbeit und einfachen, aber praktischen Gerätschaften früher der Gemüseanbau bewerkstelligt wurde. Bei aller Nostalgie, ein mühsames Geschäft. So wurden zum Beispiel schwere Holz-Schubkarren mit Flechtkörben voller Gemüse zu Fuß bis zum Markt nach Haßfurt geschoben, um dort Gochsheimer Gemüse anbieten zu können.

    Hinweis: Gruppenführungen für die Lehrpfade und Gärten in Sennfeld (Reichelshofer Straße/Bad Sennfeld),  Schwebheim (Schulstraße) und Gochsheim (Am Hetzberg) können über die Koordinationsstelle Schweinfurter Mainbogen, Tel. (09723) 913329, oder die jeweiligen Gemeindeverwaltungen vereinbart werden. Interessierte können sich auch selbstverantwortlich in den Anlagen umsehen. Öffnungszeiten vom 1. April bis 31. Oktober 10 bis 18 Uhr.

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