Es brauchte sehr viel Mut, sich zwischen 1933 und 1945 gegen das nationalsozialistische Terror-Regime unter Adolf Hitler zu stellen. Doch es gab diese Menschen in ganz Deutschland und es gab sie auch in Schweinfurt. In der Wälzlagerstadt stellten sich schon in den 1930er Jahren die Arbeiterschaft, die Gewerkschaft und Mitglieder von SPD und KPD gegen das Nazi-Regime. Mitten im Zweiten Weltkrieg, am 8. Dezember 1942, gründete sich dann die Widerstandsgruppe "Gelbe Birke" um Soldaten und Schweinfurter Bürger. Ihrer Geschichte und dem wichtigsten Mann, Andreas Bauer, wurde nun eine ausführliche Broschüre gewidmet.
Der frühere Main-Post/Tagblatt-Redakteur Hannes Helferich engagiert sich schon seit Jahrzehnten ehrenamtlich bei der Initiative gegen das Vergessen. Für diese schrieb er nun die Geschichte von Andreas Bauer und seiner Widerstandsbewegung auf. Eine Geschichte von großem Mut, von Menschlichkeit, von Anstand, von Solidarität und Humanismus.
Eine Geschichte, von der nicht nur Helferich findet, dass sie festgehalten werden musste. Für Johanna Bonengel von der Initiative gegen das Vergessen zeigt die 66 Seiten dicke Broschüre, die Werner Enke gestaltete, eindrücklich das Motto der Initiative: "Ohne Erinnerung gibt es keine Zukunft."

Und gerade jetzt, in Zeiten, in denen bei Landtagswahlen wie in Thüringen eine wegen ihrer rechtsextremen Tendenzen dort vom Verfassungsschutz beobachtete Partei die meisten Stimmen bekommt, ist diese Aufklärungsarbeit umso wichtiger, betonte Bonengel: "Wir sehen, wie gefährdet die Demokratie ist und wozu Menschen fähig sind."

Durch humanitären Widerstand Hunderten das Leben gerettet
Die Widerstandsgruppe "Gelbe Birke" mit 59 Mitgliedern bestand aus Schweinfurter Bürgern und Soldaten. Deren Kommandant war Andreas Bauer, der aus dem oberfränkischen Kronach stammte und nach Schweinfurt zur Bewachung der damals gut 14.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter abkommandiert worden war. Gleich nachdem er in Schweinfurt angekommen war, organisierte Bauer eigenmächtig den Bau von Luftschutzkellern, Erdbunkern und Stollen. Und rettete so vielen Menschen das Leben, insbesondere während der Bombardierung Schweinfurts zwischen August 1943 und Frühjahr 1945.
Es gibt viele Formen des Widerstandes in der Nazi-Zeit, der von Andreas Bauer fällt unter die Kategorie "humanitärer Widerstand". Bauer und seine Mitstreiter versorgten die Zwangsarbeiter wie die Kriegsgefangenen auch mit Kleidung und Lebensmitteln und sie erlaubten ihnen trotz Verbots, bei Luftalarm in die Bunker zu gehen.
"Er ist ein Held."
Hannes Helferich über Andreas Bauer, Gründer der NS-Widerstandsbewegung "Gelbe Birke"
Auf einer der bekanntesten Fotografien aus der Zeit sind flüchtende Menschen am Schillerplatz zu sehen, viele von ihnen aufgrund der Holzschuhe als Zwangsarbeiter identifizierbar. Wahrscheinlich sind sie auf dem Weg zu einem der Tunnel, die vom Pfarrheim der Heilig-Geist-Kirche aus in Richtung Saalbau, der heutigen Sparkasse führen. Für Hannes Helferich gibt es nach der intensiven Recherche der Lebensgeschichte von Andreas Bauer nur einen Schluss: "Er ist ein Held."

Ein Wunder wiederum ist es fast, dass die Widerstandsgruppe nie aufflog, wobei Andreas Bauer selbst nach dem Krieg in seinen Aufzeichnungen berichtete, dass es viermal sehr eng war. Zu der Vorstellung der neuen Broschüre war auch Andreas Bauers Tochter Anneliese mit ihrem Sohn Andreas in die Disharmonie gekommen.
Die Familie freute die Würdigung des Vaters in Schweinfurt sehr, in Kronach gab es diese nach dem Krieg ohnehin in vielfältiger Form, denn dort war Bauer auch als Kulturreferent und CSU-Stadtrat tätig. "Es geht uns sehr nahe, dass mein Vater hier nicht vergessen wurde", betonte Anneliese Bauer und fügte an: "Dieses Engagement und die Initiative gegen das Vergessen sind von unschätzbarem Wert, denn es hilft, aus der Vergangenheit zu lernen." Aus ihrer Sicht ist das Werk Helferichs "ein wichtiger Beitrag, den Opfern zu gedenken und an die zu erinnern, die sich mutig und selbstlos einsetzten."
Neben der Broschüre soll es bald auch eine weitere dauerhafte Erinnerung an Andreas Bauer geben. SPD-Stadtrat Peter Hofmann hat den Antrag gestellt, die Lüderitzstraße im Stadtteil Hochfeld-Steinberg in Andreas-Bauer-Straße umzubenennen. Die Benennung der Straße nach dem Kolonialisten Adolf Franz Lüderitz ist aus Sicht vieler Historiker ohnehin aufgrund seiner Taten Ende des 19. Jahrhunderts in Afrika umstritten. In vielen deutschen Städten wurde das bereits geändert.
Die Gelbe Birke - Humanitärer Widerstand in Schweinfurt im Zweiten Weltkrieg; Hannes Helferich, Herausgeber: Initiative gegen das Vergessen, 66 Seiten, mit zahlreichen Bildern, ISBN: 978-3-931909-39-0, Verkauf über die Disharmonie, Informationen unter www.initiative-gegen-das-vergessen.de