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Grafenrheinfeld: Wieso in Grafenrheinfeld ein zweites Atom-Zwischenlager steht

Grafenrheinfeld

Wieso in Grafenrheinfeld ein zweites Atom-Zwischenlager steht

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    Das neu gebaute Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle ist in Grafenrheinfeld in Betrieb gegangen. Es soll hauptsächlich Abfall aus dem Abbau des AKW Grafenrheinfeld aufnehmen.
    Das neu gebaute Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle ist in Grafenrheinfeld in Betrieb gegangen. Es soll hauptsächlich Abfall aus dem Abbau des AKW Grafenrheinfeld aufnehmen. Foto: Thomas Obermeier

    Seit Montag, 3. Mai, hat der AKW-Standort Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) ein zweites atomares Zwischenlager. An diesem Tag ist das so genannte AZR in Betrieb genommen worden: In dieser Halle werden die schwach- und mittelradioaktiven Stoffe deponiert, die beim laufenden Rückbau des AKW Grafenrheinfeld anfallen. So lange bis sie ins für Deutschland zentrale Endlager in Schacht Konrad bei Salzgitter transportiert werden können. Vertreter des AKW-Betreibers Preussen-Elektra und des Zwischenlager-Betreibers BGZ haben in dieser Woche den Mitgliedern des Umweltausschusses des Schweinfurter Kreistags sowie Medienvertretern die Funktion des AZR erläutert und erklärt, warum Atommülltransporte nötig seien, deren Ankündigung seit Wochen im Schweinfurter Raum für Kritik sorgt.

    Das Zwischenlager für Rückbauabfälle steht neben dem ausrangierten Atomkraftwerk. 
    Das Zwischenlager für Rückbauabfälle steht neben dem ausrangierten Atomkraftwerk.  Foto: Thomas Obermeier

    Warum gibt es zwei Zwischenlager?

    Im Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle (früher Bella, heute BZR) stehen 54 Castor-Behälter mit verbrauchten Brennelementen aus der Stromproduktion. Dieses Material strahlt für tausende von Jahren hochgefährlich weiter. Für sie wird derzeit ein Standort für ein Endlager gesucht, nachdem der ursprünglich geplante Bergwerksstollen bei Gorleben aufgegeben worden ist. Das BZR ist 2006 in Betrieb gegangen und hat eine Genehmigung bis 2046. Bis dahin dürfte ein Endlager nicht bereitstehen, weswegen ein Antrag auf Verlängerung erwartet wird. Im neuen AZR (früher Beha) landet der Abfall aus dem Rückbau der Anlage, der nicht dekontaminiert werden kann: von Schutzkleidung über Putzlappen und Filter bis zu Maschinenteilen. Sie werden in unterschiedliche Behälter und Container verpackt. Im AZR bleiben sie, bis das Endlager Konrad seinen Betrieb aufnimmt, was 2027 der Fall sein soll. Der Grafenrheinfelder Standortleiter Jürgen Bruder geht davon aus, dass die Räumung des AZR zehn bis 30 Jahre dauern wird. Funktional haben beide Lager nichts miteinander zu tun. Sie eint, dass sie auf dem gleichen Werksgelände stehen und mit der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), einem Unternehmen des Bundesumweltministeriums, den gleichen Betreiber haben.

    Welche Kapazität hat das neue Zwischenlager AZR?

    Die Halle aus Betonwänden ist 101 Meter lang, 28 Meter breit und 17 Meter hoch. Unter dem Dach hängt ein mächtiger Kran, der die Stahlfässer und -container ein- und ausschleusen kann. 6000 Kubikmeter radioaktiver Abfall finden dort Platz. Bauherr Preussen-Elektra, der das Gebäude am 3. Mai an die BGZ übergeben hat, hat sich genehmigen lassen, dass 20 Prozent der Kapazität auch für Atommüll aus seinen eigenen AKW-Standorten Brokdorf, Stade, Unterweser, Grohnde und Würgassen genutzt werden kann.

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    Warum soll Atommüll aus Würgassen nach Grafenrheinfeld gebracht werden?

    Erstmals hat mit dem Chef des AKW-Standorts Würgassen (Nordrhein-Westfalen), Markus Wentzke, ein Vertreter von Preussen-Elektra hiesigen Kommunalpolitikern die Situation vor Ort erläutert.  Demnach gibt es dort zwei Zwischenlager. Im so genannten TBH-Lager steht der Atommüll in Containern bereit, die für die Endlagerung geeignet sind; es ist voll und bereits an die BGZ übergeben. Es gibt ein zweites Lager (UNS) in einem Anbau des AKW-Hauptgebäudes. Dort lagern 3000 Fässer mit Abfällen. Man sei bis 2017 davon ausgegangen, so Wentzke, dass sie so lange dort bleiben können, bis das Endlager Konrad öffnet. Dann habe das Entsorgungsübergangsgesetz vorgeschrieben, dass der Müll der BGZ übergeben werden müsse. Und zwar bis 2029. Doch die nimmt nur Endlager-Container und keine Fässer wie die aus dem UNS an. "Eine in Deutschland einmalige Sondersituation", so Wentzke. Da Preussen-Elektra plant, die AKW-Gebäude in Würgassen in absehbarer Zeit abzureißen, sucht sie nach einem Ausweichquartier für den Müll. Auch weil beladene Container nur ein Jahr vor Ort stehen bleiben dürften und das UNS-Lager gefüllt ist. Daher sei es der "einzig sinnvolle Plan, sie auszulagern", so Wentzke. In Frage kommen die Zwischenlager in Ahaus, Gorleben, Unterweser und eben Grafenrheinfeld.

    Wie wahrscheinlich sind Transporte nach Grafenrheinfeld?

    Wie AKW-Leiter Wentzke sagt, habe man mit der Verpackung der Fässer in Container begonnen, in die jeweils 24 Fässer passen. Die erste Kampagne mit 64 Containern sei für Ahaus vorgesehen, weil dortige Klagen dagegen zurückgenommen worden seien. Das Ziel der zweiten und dritten Transport-Kampagne ließen die Firmenvertreter offen: Grafenrheinfeld wird nicht ausgeschlossen. Auch zum Zeitpunkt könne man derzeit keine Aussagen machen.

    Um diese Fässer geht es: 3000 lagern im Gebäude des ehemaligen AKW Würgassen. Einige von ihnen könnten ins neue atomare Zwischenlager nach Grafenrheinfeld gebracht werden.
    Um diese Fässer geht es: 3000 lagern im Gebäude des ehemaligen AKW Würgassen. Einige von ihnen könnten ins neue atomare Zwischenlager nach Grafenrheinfeld gebracht werden. Foto: Preussen-Elektra

    Wie gefährlich sind die Transporte von schwach- und mittelradioaktivem Müll?

    Diese Frage ist im Umweltausschuss des Kreistags aufgeworfen worden. Spezialfirmen würden die Lkw-Transporte übernehmen, so die Firmenvertreter. Die Stahlcontainer würden die Strahlung abschirmen, die Strahlenbelastung sei sehr gering. Die Fahrten seien verantwortbar."Ein Chemie- oder Benzintransporter ist gefährlicher", sagte Markus Wentzke. Im Übrigen fänden etwa 500 000 Transporte mit radioaktivem Material pro Jahr in Deutschland statt.

    Wie bewerten Kommunalpolitiker die Transport-Pläne?

    Preussen-Elektra schlug im Umweltausschuss des Schweinfurter Kreistags viel Kritik entgegen. Die SPD sprach von "klaren Planungsfehlern", dass man den Müll aus Würgassen nicht komplett vor Ort belassen könne. Die zusätzlichen Transporte führten zu einer unnötigen Belastung und verunsichere die Menschen. "Es geht ums Geld sparen und nicht darum, der Bevölkerung größtmöglichen Schutz zu garantieren", sagte Hans Fischer (Schwebheim). Die CSU sprach von einer moralischen Verantwortung von Preussen-Elektra bei zusätzlichem Müllverkehr. Den Vorschlag der Grünen, in Würgassen ein neues Zwischenquartier zu bauen, hielten die Firmenvertreter für möglich, man habe sich aber entschlossen, die vorhandenen Kapazitäten des Unternehmens zu nutzen, um keine Zeit durch Genehmigungsprozesse zu verlieren. Die FDP machte den Vorschlag, die "Sondersituation" in Würgassen zu lösen, indem diese Chargen als erste ins Endlager Konrad kommen sollen.

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