Drei Jahre nach dem Ende der Entführung des Milliardärssohns Markus Würth bei Würzburg beginnt am Dienstag, 11. September, der Prozess vor dem Landgericht Gießen. Der Tatverdächtige soll später noch einmal versucht haben, Millionen von der Familie des Schraubenkönigs aus Künzelsau zu erpressen.
Vater über entführten Sohn: „Glück, dass er nicht sprechen kann“
Das Landgericht teilte den Termin des Prozessauftakts auf Anfrage mit. Das zum Tatzeitpunkt 50-jährige Opfer kann aufgrund seiner Behinderung vermutlich keine Angaben zu dem Kidnapper machen. „Markus hatte Glück, dass er nicht sprechen kann“, sagte sein Vater, der Unternehmer Reinhold Würth, in einem Interview.„Hätte er verraten können, wie der Täter aussah, hätte der ihn wahrscheinlich umgebracht.“
Noch gibt es viele offene Fragen in dem Fall. Die wichtigsten: Warum hat der Täter seinen Erpressungsversuch abgebrochen? Und wieso hat er der Polizei sogar den Ort verraten, an dem sich der Entführte befand? Da der Verdächtige schweigt, kommt es zu einem Indizienprozess, für den zwölf Verhandlungstage angesetzt sind. Die Ermittler werfen dem 48-jährigen Angeklagten erpresserischen Menschenraub vor. Seine markante Sprache war ihm bei Erpresseranrufen zum Verhängnis geworden.
Erpresseranruf führte Ermittler auf die Spur
Eine intensive Öffentlichkeitsfahndung und ein Zufall halfen, den Verdächtigen zu fassen: Eine Zeugin hatte Plakate der Polizei zu dem Fall gesehen und „aus Langweile die Nummer“ der Hotline gewählt, unter der man einen Mitschnitt der Erpresseranrufe vorgespielt bekam. Die Stimme auf dem Band habe sie an einen Mann erinnert, der zuvor Handwerkerarbeiten in ihrem Haushalt erledigt habe. Es war der entscheidende Hinweis. Der Frau stehen nun wohl die 30.000 Euro Belohnung zu.

Der Mann soll im Juni 2015 den behinderten Sohn des baden-württembergischen Unternehmers Reinhold Würth in Schlitz (Vogelsbergkreis) entführt und drei Millionen Euro Lösegeld gefordert haben. Nach einer gescheiterten Übergabe wurde das Opfer einen Tag später in einem Wald bei Würzburg unversehrt an einen Baum gekettet gefunden. Im vergangenen März wurde der 48-Jährige festgenommen.
Zweite Forderung: 70 Millionen Euro in Kryptowährung
Wichtigstes Beweismittel in dem Fall ist eine Sprachaufnahme des Kidnappers, die Experten mit an „Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ dem Verdächtigen zuordneten. Der Serbe habe allerdings die Tat bestritten, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gießen.
Knapp zwei Jahre später gab es einen weiteren Erpressungsversuch. Im April 2017 sei per E-Mail ein weiterer Kontakt zur Familie Würth gesucht worden, teilten die Ermittler mit. Es seien 70 Millionen Euro in Kryptowährung verlangt worden. Der Erpresser habe gedroht, erneut den Würth-Sohn oder ein anderes Mitglied der Familie zu entführen.

