Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Rottendorf: Innovative Geschäftsidee: Wo Feuerwehrler shoppen gehen

Rottendorf

Innovative Geschäftsidee: Wo Feuerwehrler shoppen gehen

    • |
    • |
    Store 112-Gründer Christian Ditzel führt die neue Schutzjacke der Würzburger Feuerwehren vor, die über ein Gurtsystem verfügt.
    Store 112-Gründer Christian Ditzel führt die neue Schutzjacke der Würzburger Feuerwehren vor, die über ein Gurtsystem verfügt. Foto: Christian Ammon

    Zwei junge Feuerwehr-Männer aus Rottendorf und Estenfeld haben ihr Hobby zum Beruf gemacht. Mit dem Store 112 in Rottendorf haben sie eine erfolgreiche Firma gegründet, die Ausrüstung für den Rettungsdienst vertreibt. Bis heute ist daraus jedoch kein normaler Job geworden: Regelmäßig müssen Christian Ditzel und Julian Koppenhöhl ihren Arbeitsplatz plötzlich verlassen.

    Denn wenn die Beiden per Funk alarmiert werden, gilt es schnell zu sein und mit der Freiwilligen Feuerwehr zu einem Einsatz auszurücken. Vor allem tagsüber sind beide wichtige Stützen für die Einsatzbereitschaft der Wehr.

    Ein Verkäufer mit Ahnung

    "Der Ursprungsgedanke war, dass ich etwas verkaufen wollte, wovon ich Ahnung habe und meine Erfahrung einbringen kann", erzählt Christian Ditzel, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr von Rottendorf. 2008 hat der gelernte Kaufmann die Firma gegründet und zunächst im Nebengewerbe, ab 2013 im Vollerwerb betrieben. Seine feste Anstellung als Leiter des Vertriebs eines Großhandels hat er dafür aufgegeben.

    Der Erfolg gab ihm recht, heute weist die Firma einen siebenstelligen Umsatz auf. Nun steht der nächste Schritt bevor: Im Gewerbegebiet Am Reißbach soll eine neue Halle mit etwa 1000 Quadratmetern Fläche entstehen. Neu hinzukommen soll eine Werkstatt, um auch einen technischen Service anbieten zu können. Schon heute beschäftigt die Firma vier Techniker in Teilzeit, auch sie sind Aktive der hiesigen Feuerwehren.

    Kunden aus der Region

    Es ist zu spüren, dass die beiden Geschäftsführer wissen, wovon sie sprechen. Die Kunden, darunter viele Feuerwehren der Region, schätzen dies. Da Ditzels Vater bei der Feuerwehr war, war er schon als Kind immer bei den Übungen mit dabei, erzählt der 37-Jährige. Mit 14 ist er dann selbst der Jugendfeuerwehr beigetreten, übernahm später Verantwortung als Gruppenführer und Ausbilder. Seit nunmehr sechs Jahren steht er an der Spitze der Rottendorfer Wehr.

    Die beiden Geschäftsführer des Store 112, Julian Koppenhöhl (links) und Christian Ditzel, in ihrer Einsatzkleidung.
    Die beiden Geschäftsführer des Store 112, Julian Koppenhöhl (links) und Christian Ditzel, in ihrer Einsatzkleidung. Foto: Christian Ammon

    Auch Julian Koppenhöhl, 2. Kommandant der Estenfelder Wehr, hat bereits viele Jahre Feuerwehrdienst hinter sich und ist ausgebildeter Kaufmann. Beide kennen sich schon lange und haben zahlreiche gemeinsamen Einsätze hinter sich. 2018 ist der 25-Jährige schließlich als Gesellschafter in die Firma eingestiegen.

    Auch Einweisungen gehören zum Service

    Anfangs haben beide hauptsächlich Ausrüstung und Schutzkleidung wie Schuhe, Jacken und Helme vertrieben. Mit einem normalen Kleidergeschäft hatte dies wenig zu tun. Bei Schutzkleidung der Kategorie 3, die laut Vorschrift dem "Schutz vor tödlichen und irreversiblen Gesundheitsgefahren" dient, ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass der Nutzer eine fachkundige Einweisung erhält.

    Die beiden Geschäftsleute müssen daher stets auf neuestem Stand bleiben und sind verpflichtet, ihre Kunden mit Schulungen zu unterweisen. Seit kurzem haben sie auch technische Ausrüstung im Programm, bis hin zu kompletten Feuerwehr-Einsatzfahrzeugen. Seit 2019  ist der Store 112 die Handelsvertretung des Herstellers Schlingmann für Unterfranken und Teile Baden-Württembergs.

    Schutzkleidung wird geshoppt

    Für die Ausrüstung der Feuerwehren sind die Kommunen zuständig. Doch auch private Kunden kommen, um sich auszustatten. "Es gibt nicht wenige, die sich selber eine hochwertige Ausrüstung oder Stiefel anschaffen", erzählt Ditzel, während Koppenhöhl eine junge Frau berät, die soeben das Geschäft betreten hat und vor Ort ihre Schutzkleidung anprobiert.

    Über 6000 Einzelteile von 140 Lieferanten hat der Store 112 auf Lager. Normalerweise geben sie jedoch ein Angebot auf die Ausschreibung einer Gemeinde ab. So ist es etwa beiden gelungen, sämtliche Würzburger Rettungsdienste mit Sicherheitsschuhen auszustatten. Auch die staatliche Feuerwehrschule gehört zu den Kunden.

    Die Kunden schätzen es, wenn man auf Augenhöhe mit ihnen kommunizieren kann und aus eigener Erfahrung genau weiß, was sie wollen.

    Christian Ditzel

    Vor kurzem gab es einen Großauftrag aus Würzburg: die neue Brandschutzkleidung für die Berufsfeuerwehr sowie die Freiwillige Feuerwehr kommt nun aus Rottendorf. Bei 480 Kleidungssätzen ging es dabei um einen Wert von 400 000 Euro. Die Firma musste sich in einer europaweiten Ausschreibung durchsetzen.

    Maßgeschneiderte Schutzkleidung

    Die Beiden können auch maßgeschneiderte Schutzkleidung anbieten. Gemeinsam mit den Feuerwehren haben die Unternehmer ein in die Jacke integriertes Gurtsystem entwickelt, das zum Sichern und Abseilen dient. "Die Kunden schätzen es, wenn man auf Augenhöhe mit ihnen kommunizieren kann und aus eigener Erfahrung genau weiß, was sie wollen", weiß Ditzel.

    Die Branche sei "hochinnovativ". Besonders bei technischen Rettungsgeräten gebe es bei den Ortsfeuerwehren Nachholbedarf, erzählen sie. Um mit den technischen Neuerungen der Fahrzeughersteller mitzuhalten, seien etwa immer bessere "Schneideklassen" bei den Rettungsscheren nötig. Die Geräte veralten in immer kürzeren Abständen. Viel habe sich beim Brandeinsatz und dem Innenangriff getan, die Anzüge würden immer besser der Wärme- und Hitzeentwicklung standhalten.

    Auch sei in den letzten Jahren die Gefahr von "Feuerkrebs" erkannt worden, der durch Rauchgase auf der Haut entsteht. Manschetten an der Hose, den Armen und am Hals sollen dies verhindern. Eine Neuentwicklung, auf die die beiden Unternehmer setzen, ist der Komplettanzug "Anaconda". Aus ihm kann sich der Feuerwehrmann am Einsatzort einfach "herausschälen" und dann mit seiner "zweiten Haut" den Einsatz beenden. Der Name ist Programm.

    In der neuen Halle Am Reißbach soll die Ausstellungsfläche deutlich größer werden.
    In der neuen Halle Am Reißbach soll die Ausstellungsfläche deutlich größer werden. Foto: Christian Ammon

    Mehr zum Thema: 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden