Wissenschaft und Pflanzenkübel, Hochschulen und Landesgartenschau (LGS) – das sind keine Paarungen, die man auf den ersten Blick miteinander in Verbindung bringt. Bei der LGS 2018 vom 12. April bis 7. Oktober in Würzburg ist das anders und die Verbindung schon rein örtlich eng: Wie ein grüner Gürtel schmiegt sich das 28 Hektar große Gartenschau-Gelände um den neuen Nord-Campus der Universität.
Gartenschau-Gelände als Scharnier zwischen Universität und neuem Stadtteil
Wo vor gut neun Jahren die letzte Fahne der US-Streitkräfte eingeholt wurde, entsteht ein neuer Stadtteil mit vielen Wohnungen, und die Uni konnte ihren Hubland-Campus mit dem Ankauf von 39 Hektar verdoppeln. Mittendrin: die Landesgartenschau als grüner Motor für die Entwicklung.
Wenn nach Schließung der LGS im Oktober die Zäune fallen, tut sich für die Hochschule in direkter Nachbarschaft eine Parkanlage auf – zum Nutzen von Studierenden und Mitarbeitern. „Die Gartenschau ist für uns Gold wert“, findet Uni-Präsident Alfred Forchel, auch mit Blick auf die Verzahnung des Campus mit dem neuen Quartier: „Die Universität rückt in die Mitte der Stadt.“ Zumindest liegt sie künftig weniger isoliert.
Wissenschaft wurde von LGS-Machern von Beginn an eingebunden
Und dass die LGS-Besucher – knapp eine Million werden erwartet – beim Bummel über das Gelände automatisch die in Sichtweite befindliche Hochschule wahrnehmen, das ist für die Uni ein schöner Nebeneffekt. Aufgrund dieser Nähe gehörte die Wissenschaft bereits zum Konzept für die Bewerbung um die Ausrichtung der Landesgartenschau 2016 (den Zuschlag erhielt Bayreuth). LGS-Geschäftsführer Klaus Heuberger: „Wir sind keine Blümchen-Olympiade.“ Es gehe um den ökologischen Wandel und Leben in der Zukunft – „da sind die Würzburger Hochschulen natürliche Partner.“
Auf der LGS in diesem Jahr sind sie sogar mit einem eigenen Gebäude vertreten: Im Haus mit der Nummer 13 – zwischen früherer US-Tankstelle und der als Blumenhalle genutzten Turnhalle – war früher einmal die Militärpolizei der Amerikaner untergebracht. Nach der Landesgartenschau entsteht dort in Verbindung mit der Turnhalle ein soziokulturelles Zentrum mit Kita, Jugendkultur und Sportangeboten. Insofern wurde nur kosmetisch saniert für eine Ausstellungsplattform, auf der sich die Julius-Maximilians-Universität, das Uniklinikum, die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (FHWS) und die Musikhochschule gemeinsam präsentieren.
Ausstellung verbindet verschiedene Themen der Wissenschaft
„Wissen vernetzt“ lautet das Motto für Themen, die unter einem Dach in einem Zukunftslabor („LAB 13“) in Beziehung gesetzt werden. Im Mittelpunkt dabei: nachhaltiges Handeln und Perspektiven der Wissenschaft. So will das Uniklinikum in einem eigenen Raum die Bevölkerung und ausdrücklich auch Schulen über medizinische Möglichkeiten und die Arbeit der Klinik informieren. Die Musikhochschule bringt sich mit Konzerten auf der Open-Air-Bühne ein. Und die FHWS hat mit seinen Fakultäten Gestaltung, Architektur/Bauingenieurwesen und dem Studiengang Kommunikationsdesign das Konzept der Ausstellung entwickelt.
Dass ihre Ideen real umgesetzt werden – das habe die Studierenden begeistert, berichtet die FHWS-Verantwortliche Claudia Frey. Ziel sei es gewesen, die verschiedenen Wissenschaften mit einem einheitlichen Gesicht vorzustellen. Studentische Hilfskräfte haben bis zuletzt alle Hände voll zu tun, damit die Ausstellung zur Eröffnung am 12. April steht. Noch wird fleißig geschraubt und gestrichen, auch an der Außenfassade des Hauses.
LGS-Besucher werden auf weitere Uni-Einrichtungen hingewiesen
Wie ein Netz legt sich die Ausstellung durch die Räume und verbindet sie mit schräg gespannten Gurtbändern und Streben. Dazu gehört eine Präsentation zur Kulturgeschichte der Biene bzw. des Honigs – ein Projekt von Studierenden der Museologie/Ethnologie an der Uni Würzburg. Manche ihrer Einrichtungen passen zwar thematisch zur Gartenschau, lassen sich aber nicht „verpflanzen“ – das Mineralogische Museum, das MIND-Center mit seinen Naturwissenschaften, der Campus-Garten direkt hinter dem LGS–Zaun oder der Botanische Garten.
Als „Satelliten“ sind sie im LAB 13 nur mit Schautafeln vertreten – oder einer Orchideen-Vitrine: Sie erinnert an Professor Hans Burgeff, von 1925 bis 1958 Direktor des Botanischen Instituts. Er hatte sich auf die Samenkeimung von Orchideen spezialisiert und nach der Zerstörung Würzburgs 1945 mit seiner Orchideenzucht Geld eingenommen, um Institut und Botanischen Garten wiederaufzubauen. Eigenzüchtungen verkaufte er unter anderem an die US-Militärs, womit sich der Kreis zur LGS auf den ehemaligen „Leighton Barracks“ schließt.
Hochschulen arbeiten für die Landesgartenschau gut zusammen
Uni-Vizepräsidentin Barbara Sponholz ist angetan von der Zusammenarbeit der Hochschulen und vom Konzept aus den FHWS-Workshops: „Wir wollen Würzburg als Wissenschaftsstandort präsentieren und nicht die einzelnen Hochschulen in den Vordergrund stellen.“ Kooperation ist auch beim Aufsichtspersonal gefragt: Mit Studierenden sind immerhin 180 Tage mit jeweils zehn Stunden abzudecken.
Wurzeln unterm Röntgenmikroskop (Physik), interaktive Spiele (Mathematik), Geocaching (Informatik), ein verkabelter Baum („Smart Tree“), ein Parcours mit Rollstühlen und Hilfsmitteln für Sehbehinderte (Sportwissenschaft) – die Ausstellung und das Außenprogramm sollen Wissenschaft erlebbar machen und spielerisch verbinden. Auch etliche Vorträge sind im LAB 13 und auf der Außenbühne geplant.
Umfeld der Hubland-Universität wird durch Gartenschau aufgewertet
Uni-Vize Sponholz ist überzeugt, dass die Hochschule dauerhaft von der Landesgartenschau profitiert: „Keine Frage – das Umfeld wird aufgewertet und die Lebensqualität erhöht.“ Das gilt auch mit Blick auf das „Grüne Band“, das den alten Hubland-Campus der Uni mit dem neuen Campus Nord verbinden und an das LGS-Gelände andocken soll. Für die Gartenschau-Gesellschaft ein wichtiger Baustein, um das Gelände dauerhaft grün zu vernetzen. Kanzler Uwe Klug dementiert zwar, dass die Uni konkrete Zusagen für diesen breiten Grünstreifen gemacht habe – gleichwohl sei aber ein sechsstelliger Betrag dafür investiert worden. Man habe gepflanzt und gesät, Gebäude begrünt und werde das „Grüne Band“ mit Wegen und Sickerbecken durchziehen.
Viel ist also in Bewegung in dem Quartier. Könnten während der LGS-Zeit die Bauarbeiten auf dem benachbarten Uni-Campus stören? Man versuche, Rücksicht zu nehmen, sagt Sponholz. Aber komplett einstellen könne man die Arbeiten nicht. Dazu ist die Entwicklung in dem neuen Stadtteil einfach zu dynamisch.