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Randersacker: Schwere Zeiten für Schnapsbrenner in Unterfranken

Randersacker

Schwere Zeiten für Schnapsbrenner in Unterfranken

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    Früher gab Peter Piesch einen Teil seines Alkohols an den Staat ab. Heute wartet er vergeblich auf einen Abnehmer von über 500 Litern Schnaps.
    Früher gab Peter Piesch einen Teil seines Alkohols an den Staat ab. Heute wartet er vergeblich auf einen Abnehmer von über 500 Litern Schnaps. Foto: Thomas Obermeier

    Peter Piesch öffnet die Tür zu einem düsteren Raum. In einer Ecke steht ein großer Edelstahlbehälter. „Da sind 300 Liter Alkohol drin“, sagt Piesch. Alkohol, den der Schnapsbrenner aus Randersacker im Landkreis Würzburg gerne verkaufen würde. Abnehmer findet er aber keine. "Ich habe sämtliche Aufkäufer in der Umgebung bis nach Stuttgart angerufen, aber alle nehmen nichts mehr an." Piesch bleibt vorerst auf dem selbst gebrannten Schnaps sitzen.

    So gehe es derzeit vielen Brennern in Unterfranken, sagt Jürgen Ködel, stellvertretender Vorsitzender des Fränkischen Klein- und Obstbrennerverbands Würzburg. Der Grund für die schwierige Lage ist das neue Alkoholsteuergesetz, das am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist. Seitdem hat sich für Kleinbrenner in Deutschland vieles verändert. Aus Sicht des Verbandes nicht zum Guten.

    Hohe Steuern für Kleinbrenner

    Denn das neue Gesetz bedeutete das Ende des staatlichen Branntweinmonopols. Damit fiel eine Regelung weg, die es den Brennern ermöglichte, einen Teil ihres Alkohols an den Staat abzugeben und im Gegenzug keine Steuern zu zahlen. Ein lukratives Geschäft, sagt Piesch. "Statt Steuern abzudrücken, habe ich noch drei oder vier Euro bekommen für einen Liter Alkohol. Das hat sich richtig rentiert." Wenn man so will, war das Branntweinmonopol eine Subvention für die Kleinbrenner. Doch damit ist seit fast zwei Jahren Schluss.

    Das habe gravierende Folgen – auch für die Brennereibesitzer in Unterfranken, so Ködel: "Früher haben Brenner am Schnaps sofort verdient, jetzt müssen sie erstmal Geld vorstrecken. Das ist eine finanzielle Belastung." 10,22 Euro wandern pro Liter in die Staatskasse. Bei einem üblichen 300-Liter-Brennrecht werden unmittelbar nach der Herstellung also über 3000 Euro fällig.

    Zu viel Schnaps auf dem Markt

    "Das Problem ist, dass ich den Schnaps jetzt nicht mal verkaufen kann", sagt Piesch, in dessen Lager sich insgesamt über 500 Liter angesammelt haben. Denn früher gab der Staat den Alkohol aus dem Monopol zentral an die Industrie weiter, die ihn zur Herstellung von Kosmetika, Arzneimitteln und Essig verwendete. Jetzt können die Brenner ihren Schnaps nur noch am freien Markt loswerden. Der aber sei längst gesättigt. "Vor allem Neukunden nehmen die Großhändler nicht mehr an. Da habe ich keine Chance."

    Die gute Obsternte im vergangenen Jahr verschärft die Situation der Schnapsbrenner laut Jürgen Ködel noch. Im Verband seien etwa 80 Prozent der rund 1800 Mitglieder von der Problematik betroffen, so der stellvertretende Vorsitzende.

    Verband rät zur Selbstvermarktung

    Um die Brennerei wieder rentabel betreiben zu können, rät der Fränkische Klein- und Obstbrennerverband zur Selbstvermarktung. "Dafür müssen sich die Brenner aber erst einmal die Strukturen aufbauen", sagt die Geschäftsführerin Andrea Bätz. Die meisten Verbandsmitglieder betreiben die Brennerei im Nebenerwerb. Mit Schulungen unter anderem zu betriebswirtschaftlichen Themen versucht der Verband die Brenner zu unterstützen. Es seien aber nicht alle bereit, diesen Aufwand auf sich zu nehmen, so Bätz. "Es gibt auch Leute, die lieber aufhören."

    Nachvollziehbar, findet Peter Piesch: "Auf das Ende des Branntweinmonopols war ich vorbereitet, einfach ist es trotzdem nicht." Der Brenner vermarktet schon seit Jahren selbst - mittlerweile über 110 Sorten - und bietet in der Probierstube im Erdgeschoss seines Wohnhauses Schnapsproben an. Trotzdem laufe es nicht so gut wie früher, so Piesch. "Dabei habe ich es in Randersacker, wo auch Touristen hinkommen, schon leichter als Leute, die irgendwo in einem kleinen Dorf im Steigerwald wohnen."

    Peter Piesch gewinnt seinen Schnaps mit einer besonders alten Brennerei. Trotz langjähriger Erfahrung gestaltete sich die Vermarktung zuletzt schwierig.
    Peter Piesch gewinnt seinen Schnaps mit einer besonders alten Brennerei. Trotz langjähriger Erfahrung gestaltete sich die Vermarktung zuletzt schwierig. Foto: Thomas Obermeier

    Streuobstwiesen in Gefahr

    Das neue Gesetz stellt nicht nur die betroffenen Brenner vor eine ungewisse Zukunft. Auch für die Natur und Artenvieltfalt drohen negative Konsequenzen. Denn das Obst, das für den Schnaps notwendig ist, stammt von Streuobstwiesen aus der Region. Diese Wiesen gelten als besonders artenreiche Lebensräume. "Das Streuobst kann man fast ausschließlich über den Brennkessel vermarkten, auf dem Frischobstmarkt kauft das keiner", sagt Jürgen Ködel. Wenn es sich nicht mehr lohnt Schnaps zu brennen, könnten auch die Streuobstwiesen nach und nach verschwinden, befürchtet er. Denn dann lohne es sich für die Besitzer nicht mehr die Wiesen zu pflegen und zu erhalten.

    Wie es weitergeht, kann bisher keiner vorhersagen. Piesch setzt darauf, erstmal abzuwarten. "In Zukunft werde ich wahrscheinlich weniger brennen und nicht mehr jedem Apfel hinterherrennen." Auch der Verband empfiehlt, Ruhe zu bewahren. Aufgrund der schlechten Obsternte im Sommer, könne sich die Situation bald etwas entspannen, hofft Ködel.

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