Nur wenig positive Folgen gingen aus der Zeit der Corona-Pandemie hervor. In Leinach aber entstand aus der Not eine bis heute mit viel Leidenschaft erfüllte Tugend, die zum Bestseller avancierte. Mangels sozialer Kontakte entstand ein Senioren-Magazin, das in den Gemeinden des Landkreises seinesgleichen sucht - bis heute. Die Resonanz steigt stetig unter den Senioren des Ortes. Mit dem Jahreswechsel startete das Magazin "Im letzten Viertel" - so der Titel - bereits ins fünfte Jahr seiner Auflage. Der Erfolg geht vor allem auf den gemeindlichen Seniorenbeauftragten, Gotthard Väth, zurück.
Nach dem Vorbild der Info-Post
Nachdem er 1988 mit seiner Familie nach Leinach gezogen war, gehörte Gotthard Väth seit Mai 2007 für die Unabhängigen Bürger Leinach (UBL) ununterbrochen dem Gemeinderat an. Mit seiner Wiederwahl 2020 verbunden war die Berufung zum Seniorenbeauftragten und der Kontakt zum Seniorenkreis mit der dort schon länger aktiven Marga Wilken. "Durch die Auswirkungen der Pandemie litten die Senioren erheblich unter der fehlenden Kommunikation. Nach dem Vorbild der vom Kommunalunternehmen aufgelegten Info-Post entstand in dieser Phase die Idee zu einer Broschüre von Senioren für Senioren im Ort", sagt Väth rückblickend. Der Titel "Im letzten Viertel" ergab sich aus der Deutung, der Zielgruppe von Menschen im letzten Lebensviertel sowie einer beabsichtigten vierteljährlichen Auflage, die sich die Leserinnen und Leser zu einem Viertel Wein zu Gemüte führen können.

Satte 20 Seiten pro Ausgabe umfasst das einmal je Quartal erscheinende Magazin. Seit 2022 steht es digital auch zum Download über die Homepage der Gemeinde zur Verfügung. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich aus Spenden sowie durch Zuwendungen von Sponsoren. Die Themen des "Letzten Viertel" sind umfassend. Neben alten Bildern und Geschichten aus dem Ort beinhaltet die Lektüre Interessantes und Wissenswertes zum Vierteljahr, ein Grußwort des Pfarrers, Aktuelles aus der Tagespflege Leinach, Termine zum Vormerken, Gedichte in Mundart, Leinacher Geschichte und Geschichten, die Rubrik "Wer weiß denn sowas?", alte Ansichten und Ausblicke, Beiträge aus dem Dorfleben, eine Rätsel-Seite sowie Schlager von damals.
Karriere als Mundart-Poet
Initiator Gotthard Väth widmet sich insbesondere gereimten Beiträgen. Daran fand der Kriminalbeamte schon im Ruhestand Gefallen, als er ab 1994 den Nikolaus bei der jährlichen Weihnachtsfeier des FC Blau Weiß mimte. "Der ausgewogene thematische Blick für das 'Letzte Viertel' in die Vergangenheit fällt mir als Neigschmegder freilich schwer. Aber ich habe somit auch den Vorteil, unbefangen zu sein", bemerkt der Autor mit Blick auf die früheren Rivalitäten im Leinachtal. Mit dem Wechsel in den Ruhestand 2017 blieb Väth mehr Zeit, sich dem Dialekt zu widmen. Doch die Karriere als Mundart-Poet mit Autorenlesungen endete jäh durch die Pandemie. Ohne Wehmut räumt Väth aber ein: "Ja, ohne Corona würde es das "Letzte Viertel" nicht geben."
Ehrenamtlich an dem Magazin beteiligt sind schon länger Graphikerin Kristin Albrecht und der ehemalige Schulleiter Bruno Schaad. Aus seiner Erinnerung gewährt er humorvolle Einblicke ins Dorfgeschehen der vergangenen Jahrzehnte und gibt gerne manche Anekdote zum Besten. In unregelmäßigen Abständen kommen auch Gast-Autoren in Beitrag-Serien zu Wort. Sie sind den örtlichen Gasthäusern, oder wie zuletzt den früher mehreren im Ort vorhandenen kleinen Tante-Emma-Lädchen gewidmet. Die Verteilung der 220 Exemplare je Ausgabe erfolgt im Ort kostenfrei an alle Personen ab dem 70. Lebensjahr. Per Versand gehen einzelne Exemplare auf Nachfrage selbst an ehemalige Ortsbewohner bis nach Oberbayern und sogar nach Kanada.