Fast ein Drittel Deutschlands ist mit Wald bedeckt. In Bayern wachsen Wälder auf gut einem Viertel der Landesfläche. Eine entsprechend wichtige Rolle spielt die Forstwirtschaft - und ihre Nachhaltigkeit erhält durch den Klimawandel eine immer höhere Bedeutung. Dabei geht es um mehr als um das ausgewogene Gleichgewicht zwischen Fällen und Aufforsten. Nachhaltige Fortwirtschaft heißt: Der Wald soll zukunftsfähig gestaltet werden.
Kohlenstoffkreisläufe, Waldökosysteme, biologische Vielfalt, Wasser-, Luftschutz und die Produktion des nachwachsenden Rohstoffs Holz sind da nur einige Aspekte. Die Cluster-Initiative Forst und Holz der Bayerischen Staatsregierung soll die Teilbranchen der Forst- und Holzwirtschaft vernetzen. Geschäftsführer Jürgen Bauer hält eine aktive Forstwirtschaft für notwendig: „Würde man die Wälder in Deutschland nicht bewirtschaften, würden sich auf dem größten Teil der Fläche Buchenwälder einstellen.“ Ein Mischwald hingegen sei besser gegen die veränderten Klimabedingungen gewappnet.

Auch der Forstbetrieb der Stadt Würzburg setzt auf Vielfalt. Die naturnahe, ökologische Waldwirtschaft erstreckt sich auf 1000 Hektar Stadtwald. Forstbetriebsleiter Karl-Georg Schönmüller betont: „Seit Jahrzehnten werden hier keine Fungizide, Herbizide oder ähnliches verwendet. Gleichzeitig hat der Würzburger Stadtwald keine Massenvermehrung an Borkenkäfern.“
Der Kreislauf des Holzes
Eva Maria Veit, Geschäftsführerin des Imagebündnisses der bayerischen Forst- und Holzwirtschaft "proHolz Bayern", verweist auf den Kreislaufgedanken. Der Klimaschutz beginne im Wald: "Die Nachhaltigkeit findet vor allem in der Bewirtschaftung und der Pflege des Waldes, sowie in der Holzverwendung ihren Ausdruck.“ Durch Photosynthese nehmen Bäume Kohlenstoff auf und geben Sauerstoff ab. Wird der Baum gefällt, bleibt der Kohlenstoff im Holz, bis er verbrannt wird. Der Kohlenstoff wird dann freigesetzt – das Holz gilt in der Gesamtbilanz immer noch als CO2-neutral.

Gleichzeitig entsteht keine sogenannte graue Energie, also die Energie, die beim Herstellen, Transportieren, Lagern, Verkaufen und Entsorgen von Produkten entsteht. Energie kosten nur das Sägen, Hobeln und Kleben.
So werden aus dem Würzburger Wald beispielsweise Rotbuche und Eiche zu Möbeln verarbeitet, die beliebte Lärche zu Holzhäusern. Etwa 90 Prozent des Holzes gehen ins Allgäu oder nach Oberbayern. Zudem werden etwa 200 Haushalte in Würzburg und Umgebung mit Brennholz versorgt, sagt Stadtförster Georg Schönmüller. „Durchforstungsmaßnahmen haben außerdem das Ziel, die Vielfalt, Stabilität und Qualität des Waldbestandes zu verbessern."

Der Rohstoff Holz findet immer mehr Anwendungsmöglichkeiten: In den etablierten Sparten Holzbau, Papier und Zellstoff, aber auch als Textilfaser oder Basis-Chemikalie. Um beispielsweise Textilien aus dem Fasermaterial Viskose, Kosmetik, Aromen oder Pharmazeutika zu produzieren, werden in Bioraffinerien Zwischen- und Endprodukte verwertet. Die große Stärke von Holz: die Verfügbarkeit in der Region und entsprechend kurze Lieferwege.
Der Klimawandel als Endgegner
Doch dafür müssen die Wälder an die veränderten Klimabedingungen angepasst werden. Es gelte trockentolerante Baumarten zu fördern, idealerweise über natürliche Verjüngung, sagt Schönmüller. In Bayern gibt es derzeit 64 Prozent Nadelbäume, allen voran die Fichte. Laut der Waldstrategie 2050 des Beirats für Waldpolitik des Bundeslandwirtschaftsministeriums gelten Mischwälder als risikoärmer. Umso höher die Artenvielfalt, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest einige Baumarten den Veränderungen standhalten. Das Konjunktur- und Zukunftspaket der Bundesregierung mit 700 Millionen Euro für die nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes, das Anfang Juni verabschiedet wurde, kommt zur richtigen Zeit. Waldbesitzende erhalten Unterstützung, die Nutzung von Holz als Baustoff soll gefördert werden.

„Ich bin der festen Überzeugung: Wenn unsere Wälder Probleme haben, dann hat der Mensch erst recht eins“, so Stadtförster Schönmüller. Die große Herausforderung sei es, den Wald passend umzubauen und fremde Baumarten zu integrieren, die widerstandsfähig sind und einen stabilen Wald garantieren, wenn es trockener und heißer wird. „Wir müssen unsere fränkisch einheimischen Baumarten wie Eiche, Elsbeere, Feldahorn fördern und ein paar exotische Baumarten wie Zedern, Flaumeichen, Baumhaseln in homöopathischen Mengen im Waldbestand integrieren“, sagt Schönmüller. Erste Wälder zeigen diesen Wandel bereits. So gibt es in Würzburg deutschlandweit das größte Vorkommen von Baumhaseln, ursprünglich ein Waldbaum aus Südosteuropa und der Türkei.

Opfer und gleichzeitig Teil der Lösung
„Der Wald ist Opfer des Klimawandels und gleichzeitig Teil der Lösung“, sagt Jürgen Bauer von der Cluster-Initiative. Der Forst- und Holzsektor sei eine wichtige Treibhausgassenke. Der Klimaschutzeffekt in der Forstwirtschaft entstehe zum einen durch mehr Waldfläche und Holzprodukte. Zum anderen würden Emissionen vermieden, wenn der biogene Rohstoff Holz verwendet wird. Holz lasse sich mit geringem Energieeinsatz verarbeiten, deshalb bleibt der ökologische Fußabdruck der meisten Holzprodukte vergleichsweise klein. Laut der „Clusterstudie Forst und Holz 2015“ werden etwa 25 Prozent der CO2-Emissionen Bayerns durch die Verwendung von Holz ausgeglichen. Bauer ist sich jedenfalls sicher: „Nachhaltige Forstwirtschaft ist aktiver Klimaschutz!“

Serie BioökonomieDieser Artikel ist Teil der Serie Bioökonomie, die in loser Reihenfolge erscheint. Beteiligt sind rund 200 Studierende der Universität Würzburg, der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und der Macromedia-Hochschule Köln. Alle Texte finden Sie unter: www.mainpost.de/bioökonomieDas Projekt findet im Rahmen des "Wissenschaftsjahres 2020/21" statt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Eine Multimediareportage der Studierenden finden Sie unter www.bioökonomie.info. Weitere Informationen gibt es unter www.wissenschaftsjahr.de.jst