LESERANWALT

Leseranwalt: Die sieben unlesbaren Thesen und eine Entschuldigung

In zwei Berichten über eine Aktion von Maria 2.0 an Kirchentüren ist in der Zeitung Platz verschwendet worden. Durch Fotos, auf dem die Thesen nicht lesbar waren. Ärgerlich.

Nicht nur Leser*innen ärgern sich über Beiträge. Diesmal missfällt mir etwas: zwei Bilder in den Zeitungsausgaben von 22. und 23. Februar zur Aktion der kirchenkritischen katholischen Frauen von Maria 2.0. Bekanntlich hatten diese an Kirchentüren sieben Thesen angeschlagen, die gewiss nicht nur mich interessieren. Deshalb verstehe ich nicht, dass die Artikel über die Aktion in Würzburg zwar mit je einem Foto von viel Kirchentür und dem Thesenpapier illustriert waren, aber die Thesen selbst, um die es geht, darauf unlesbar sind. Auch der Text beschreibt sie nur grob zusammenfassend. 

Eine verpasste Chance

Zu den sieben unlesbaren Thesen fällt mir spontan ein, was oft in Beschwerden zu Zeitungsbildern steht: „Verschwendeter Platz“. Dann lieber gar kein Foto. Die Chance, dem Kern des Themas näher zu kommen, wurde verpasst. Einen sachlichen Grund erkenne ich nicht, einer grundsätzlichen Anforderung nicht gerecht zu werden: Fotos sollten etwas aussagen, was die Nachricht unterstützt. Diese Unterstützung ist nur auf mainpost.de digital mit einem Bild geboten, das die Thesen einigermaßen lesbar wiedergibt.

Artikel vom 22. Februar 2021 in der Zeitung. Die Thesen bleiben unlesbar.
Foto: Repro Sahlender | Artikel vom 22. Februar 2021 in der Zeitung. Die Thesen bleiben unlesbar.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Ich ergreife hier nicht journalistisch Partei für Maria 2.0. Ebenso wenig zeigt die unlesbare Veröffentlichung eine Haltung der Redaktion zu den Thesen an. Auch eine lesbare hätte das nicht getan. Wenn, dann würde das in einem Meinungsbeitrag begründet. Mir geht es um solide journalistische Beiträge und Bilder. Denn selbst Leute, welche die Ziele von Maria 2.0 ablehnen, sollten deren Thesen kennen.

Wären die Thesen lesbar wiedergegeben, würde das auch nicht vorwegnehmen, dass künftig alle Plakate von Bürgerinitiativen gut lesbar zu verbreiten sind. Das bleibt eine Abwägung, die in der Sache jeweils neu zu treffen ist.

Sorgfalt bei Polizeimeldungen

Themenwechsel hin zu Polizeimeldungen, die auf Lokalseiten der Zeitung reichlich vertreten sind. Fast alle entspringen sie aus Pressemitteilungen. Und die kommen von der Polizei selbst, die in der Presserechtsprechung als vertrauenswürdige (privilegierte) Quelle gilt. Trotzdem ist bei ihrer Veröffentlichung redaktionelle Sorgfalt geboten. Was eine Zeitung verbreitet, liegt in ihrer Verantwortung, ganz gleich aus welcher Quelle die Information gekommen ist.

Ein Missgriff

Ich zitiere aus einem länger zurückliegenden schlechten journalistischen Beispiel mit der Überschrift „Polizei stoppt Drogenfahrt von 29-Jährigem“. Im Text ist aber nur zu lesen, dass sich bei einer Verkehrskontrolle bei ihm Anhaltspunkte für einen Konsum von Betäubungsmitteln ergeben hätten. Folglich geht die Überschrift zu weit. Die Mutter des Fahrers hat mir mittlerweile geschrieben, erwiesen sei, dass ihr Sohn überhaupt nicht unter Betäubungsmitteln stand. So bitte ich Sohn und Mutter verspätet um Entschuldigung für den Missgriff.

Anton Sahlender, Leseranwalt

Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute.

Artikel aus der Zeitung vom 23. Februar: Wieder bleiben die Thensen unlesbar.
Foto: Repro Sahlender | Artikel aus der Zeitung vom 23. Februar: Wieder bleiben die Thensen unlesbar.

Frühere ähnliche Leseranwalt-Kolumnen:

2010: "Ein halbes Dutzend Fotos mit einem Bürgermeister sind des Guten zuviel"

2014: "Größe macht schlechte Fotos nicht besser"

2019: "Vorsicht bei Meldungen aus fremden Quellen"

2020: "Ein Stinkefinger, der keine Tatsache ist"

 
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