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Mellrichstadt: Im Salzhaus gehen die Uhren anders: Warum das Heimatmuseum in Mellrichstadt immer einen Besuch wert ist

Mellrichstadt

Im Salzhaus gehen die Uhren anders: Warum das Heimatmuseum in Mellrichstadt immer einen Besuch wert ist

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    Heute kaum vorstellbar: Vor 100 Jahren wäre Annika wohl noch so zum Mellerschter Markt marschiert. Museumsleiter Rudolf Mauder stattete die Schülerin mit Leinenkleid, Kopftuch, Strümpfen, Holzschuhen und Körben aus und zeigte ihren Mitschülern damit die Lebensweise von früher auf.
    Heute kaum vorstellbar: Vor 100 Jahren wäre Annika wohl noch so zum Mellerschter Markt marschiert. Museumsleiter Rudolf Mauder stattete die Schülerin mit Leinenkleid, Kopftuch, Strümpfen, Holzschuhen und Körben aus und zeigte ihren Mitschülern damit die Lebensweise von früher auf. Foto: Simone Stock

    Rudolf Mauder hat einfach den Dreh raus. Wenn der Leiter des Heimatmuseums Salzhaus erzählt, auf welch mühselige Weise die Rhöner Bevölkerung einst ihr Brot verdient hat, staunen Kinder heute Bauklötze. Mit harter Arbeit auf dem Feld sorgten die Erwachsenen für den Lebensunterhalt der Familie, schon die Kinder saßen am Webstuhl und auch die Großeltern trugen noch dazu bei, dass alle ein Auskommen hatten.

    Einfach mal ein neues Kleid kaufen, einen Nachmittag mit Nichtstun verbringen oder nach der Stallarbeit schnell duschen – undenkbar zu Urgroßmutters Zeiten. Noch vor 100 Jahren lebten die Menschen in Rhön und Grabfeld ein einfaches, armes Leben. Und Rudolf Mauder will dafür sorgen, dass die Erinnerung daran nicht verblasst.

    „Geschichte erleben“ heißt seit jeher das Erfolgsrezept im Heimatmuseum Salzhaus. Das ist spannend. Die 23 Mädchen und Buben aus der Klasse 4c der Malbach-Grundschule, die als erste Schulklasse im laufenden Jahr das Museum besuchen durften, lauschten am vergangenen Dienstag gebannt, als der Museumsleiter sie auf eine Zeitreise in die Vergangenheit mitnahm. In eine Zeit, die heute nahezu unwirklich erscheint. Zu zeigen, wie es früher war, und nicht nur davon zu erzählen, das ist auch Lehrerin Susanne Jessat wichtig. Wäsche wie zu Großmutters Zeiten haben ihre Schüler schon gewaschen, jetzt durften die Kinder erleben, wie anno dazumal überhaupt Kleidung, Tücher und Bettwäsche gefertigt wurden. Und die Kinder begriffen schnell: Es war ein mühsames Geschäft.

    Woher kommt eigentlich die Redewendung "Eine Fahrt ins Blaue?"

    Angefangen vom Flachsanbau über die Ernte, das Verarbeiten des Rohstoffs bis hin zum Spinnen des Garns und schließlich das Weben des Stoffs beherrscht Rudolf Mauder alle Arbeitsschritte aus dem Effeff. Die Kenntnis darüber hat er sich selbst angeeignet und zeigt sie gerne.

    Für jeden Arbeitsschritt gibt es Sprichwörter und Redensarten, deren Sinn sich oftmals erst erschließt, wenn man sie mit den früheren Arbeitsweisen in Verbindung bringt. Wer weiß schon, dass einst mit einer Fahrt ins Blaue ein Ausflug aufs Land zur Zeit der Flachsblüte gemeint war? Gut Betuchte hatten früher viele Leinenballen im Schrank. Der alte Knacker war der Opa, der zwar nicht mehr schwer arbeiten, aber noch die Knackhaspel zum Aufwickeln des Fadens bedienen konnte. Und dass die Rhöner spinnen, hatte tatsächlich mit harter Arbeit und rein gar nichts mit ihrem Geisteszustand zu tun.

    Rudolf Mauder macht Geschichte lebendig: Am Webstuhl zeigt er den Viertklässlern der Malbach-Grundschule, wie früher Leinen gefertigt wurde.
    Rudolf Mauder macht Geschichte lebendig: Am Webstuhl zeigt er den Viertklässlern der Malbach-Grundschule, wie früher Leinen gefertigt wurde. Foto: Simone Stock

    Nicht nur Schüler und Erwachsenengruppen, sondern auch Seminarteilnehmer aus ganz Unterfranken gehen gern bei Rudolf Mauder in die Lehre. Der Mellrichstädter versteht es nicht nur, tatkräftig anzupacken, sondern ergänzt seine Vorführungen mit umfangreichen Informationen über das frühere Leben in der Rhön, die technischen Voraussetzungen der damaligen Zeit und das soziale Leben anno dazumal. Das hat sich längst herumgesprochen. Ein Seminar mit Teilnehmern aus Schweinfurt ist bereits in Planung, weitere werden im Jahresprogramm folgen.

    Lebensnahe Darstellung der Exponate zeigt die mühsame Arbeit von früher

    Der pensionierte Grundschullehrer, der zu Jahresbeginn seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, freut sich, dass in diesem Jahr endlich wieder mehr Leben ins Heimatmuseum im Brügel einziehen kann. Bedingt durch die Corona-Pandemie war es in den vergangenen beiden Jahren recht ruhig im Salzhaus geblieben. Während in der Vergangenheit stets 6000 Besucher pro Saison die drei Etagen im Salzhaus bevölkert hatten, waren es im letzten Jahr gerade einmal 470, sagt Rudolf Mauder.

    Im Heimatmuseum sind das örtliche Handwerk, vorwiegend aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sowie ländliche Wohnkultur abgebildet. Dabei hat Rudolf Mauder stets großen Wert auf eine lebensnahe Darstellung gelegt. Dadurch soll es dem Betrachter möglich werden, hinter den Ausstellungsstücken die Menschen in ihrer oft entbehrungsreichen und mühsamen Arbeit zu sehen. Entsprechend können Alt und Jung bei einer Reihe von Themen selbst Hand anlegen und Arbeitsprozesse nachvollziehen. Zwei Scheunen, in denen die Landwirtschaft ein Schwerpunkt ist, ergänzen das Angebot, und auch im Hof und der Waschküche finden Aktionen statt.

    Das Heimatmuseum Salzhaus öffnet am 1. Mai wieder die Türen

    Am 1. Mai öffnet er nun wieder die Türen für eine Reise in die Vergangenheit, bis Oktober ist dann wieder regelmäßig von 14 bis 16 Uhr geöffnet (der Eintritt ist frei). Größere Veranstaltungen sind schon jetzt beim Stadtfest am 26. Juni sowie beim Mellerschter Herbst am 25. September geplant.

    Ab Mai sind wieder Gruppenführungen möglich. Anmelden kann man sich dazu beim Aktiven Mellrichstadt unter Tel. (09776) 9241 beziehungsweise bei Rudolf Mauder selbst unter Tel. (09776) 1484.

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