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Mellrichstadt: Libanon, Texas, Streutal: Warum Mustapha Houneineh jetzt endlich daheim ist

Mellrichstadt

Libanon, Texas, Streutal: Warum Mustapha Houneineh jetzt endlich daheim ist

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    Mustapha Houneineh ist Koch in der Herbert-Meder-Schule der Lebenshilfe in Unsleben. Der Libanese hat nach Stationen in den USA und deutschen Großstädten in Mellrichstadt und Unsleben seinen Lebensmittelpunkt gefunden.
    Mustapha Houneineh ist Koch in der Herbert-Meder-Schule der Lebenshilfe in Unsleben. Der Libanese hat nach Stationen in den USA und deutschen Großstädten in Mellrichstadt und Unsleben seinen Lebensmittelpunkt gefunden. Foto: Gerhard Fischer

    Am Strand von Sidon, wo die warmen Wellen des Mittelmeers an die Küste des Libanon treffen und von wo der Apostel Paulus vor zwei Jahrtausenden zu seiner letzten Reise nach Rom aufgebrochen war, dort hat Mustapha Houneineh die Jahre seiner Kindheit verbracht. Heute blickt er aus dem Fenster der Lebenshilfe-Tagesstätte in Unsleben, sieht draußen in der kalten Winterluft ein paar Kinder herumtollen und sagt: "Hier bin ich zuhause".

    Angekommen im kleinen Rhöner Kosmos

    Mustapha Houneineh ist angekommen in seinem kleinen Rhöner Kosmos. Er hat die große, weite Welt gesehen. Karriere bei Pepsi in Houston/Texas. Stationen in Hannover und Frankfurt. Aber das Lachen der Kinder hier in der Herbert-Meder-Schule der Lebenshilfe, das ihm an jedem Arbeitstag entgegenstrahlt, das ist ein Lohn, den man nirgendwo sonst erhält.

    "Ich habe dich vermisst", hat einmal ein Schulkind zu ihm gesagt nach einem Krankenhausaufenthalt. "Ich könnte jetzt noch weinen darüber", so hat ihn die Freude des Kindes gerührt, dass er wieder im Dienst ist. Dass er einmal die Küche einer Tagesstätte für Kinder mit Behinderung leiten würde, das hätte sich Mustapha Houneineh, ein schlanker, sportlicher Mann von 58 Jahren, nicht träumen lassen.

    Vor dem Bürgerkrieg im Libanon geflohen

    Mit 17 Jahren hat er seine Heimat im Südlibanon verlassen und ist mit seinem Bruder in die USA ausgewandert. Im Libanon tobte der Bürgerkrieg, eine Zukunft sah er dort nicht mehr. In Houston/Texas machte er seinen Highschool-Abschluss und studierte dann Business Administration. Als begabter Volleyball-Spieler in der Studenten-Mannschaft erhielt er ein Stipendium. Bei der Pepsi Corporation, zu der auch Marken wie Kentucky Fried Chicken oder Pizza Hut gehören, machte er Karriere. Auch seine Eltern siedelten zeitweise über in die Vereinigten Staaten, sein Vater betrieb im Libanon einen großen Obst- und Gemüsehandel.

    Dolmetscher Mustapha Houneineh vom Mellrichstädter Solidaritätsteam buk Waffeln, die besonders bei den Kindern gut ankamen
    Dolmetscher Mustapha Houneineh vom Mellrichstädter Solidaritätsteam buk Waffeln, die besonders bei den Kindern gut ankamen Foto: Astrid Hagen-Wehrhahn

    Mustaphas Reise zu seinem Ziel war im heißen Klima von Houston noch nicht beendet. Er  lernte eine Deutsche kennen, die als Praktikantin im Konsulat gearbeitet hatte. Mustapha sprach Deutsch, das er für sein Studium als Fremdsprachenfach belegen musste. Die beiden heirateten und beschlossen, nach Deutschland zu gehen. "Ich bin in Houston in Shorts in den Flieger gestiegen und im kalten Winter am Frankfurter Flughafen angekommen. Ich war wochenlang todkrank", erinnert sich Mustapha Houneineh. Ein wenig kann er auch schmunzeln über die erste Bekanntschaft mit der deutschen Realität.

    Karriere im Pepsi-Konzern

    Auch in Deutschland arbeitete er mehrere Jahre für Pepsi und betreute unter anderem auch osteuropäische Länder. "Das hier war eine ganz andere Welt. Texas ist groß, flach und es gab so viel Platz. Deutschland dagegen war so eng und klein. Keine dicken Menschen und überall standen Fahrräder herum", sagt Houneineh. Wenn er die kleinen deutschen Schrebergärten sah, musste er mit dem Kopf schütteln, in Amerika kannte er nur Ranches auf endlosen Grundstücken.

    Von Hannover folgte der Umzug nach Frankfurt, die multikulturelle Atmosphäre war nach seinem Geschmack. Der Freundeskreis wuchs. "Jetzt bin ich in Deutschland angekommen", konnte der Libanese irgendwann sagen. Nachdem es in seiner Branche kriselte, schulte er in Frankfurt noch einmal  zum Hotelkaufmann um. "Dabei habe ich alle Abteilungen kennengelernt, auch die Küche", erzählt Mustapha Houneineh.

    Der Liebe wegen nach Mellrichstadt

    Das sollte sich etwas später als Glück erweisen, wenn man so will. Eine neue Liebe hatte ihn nach Mellrichstadt geführt. "Am Anfang bin ich an den Wochenenden noch nach Frankfurt und besuchte meinen alten Freundeskreis mit dem Großstadtleben", erzählt der Wahl-Mellrichstädter. Nach und nach ebbte das ab, das Städtchen im Streutal war ihm genug.

    Durch seine Lebenspartnerin Karin und deren Tochter Noura, die in der Tagesstätte der Lebenshilfe untergebracht ist, wurde Mustapha Houneineh auf die Koch-Stelle in Unsleben aufmerksam. Große Chancen hatte er sich nicht ausgerechnet als nicht ausgebildeter Koch. "Aber dann hatte ich den Job", erzählt Houneineh. Im Januar 2013 kochte er das erste Mal für die Kinder der Tagesstätte der Lebenshilfe in Unsleben. Und jetzt sind neun Jahre als Koch im Streutal vergangen.

    Türkische Köfte in der Schulküche

    "Ich koche anders", sagt Houneineh. Das sieht man dem Monatsplan sofort an. Kichererbsen-Curry mit Paneer, Hähnchen-Mango-Pfanne mit Basmati-Reis oder Türkische Köfte mit Pfefferminze und Hummus-Dip: Freunden eher exotischer Gaumengenüsse läuft sofort das Wasser im Mund zusammen. Aber kleinen Kindern? "Es war schon eine Umgewöhnung für sie zu Beginn. Aber alle Zutaten sind frisch. Und die Kinder haben gelernt, mir zu vertrauen", sagt der Koch aus dem Libanon. Die Erfahrung ganz neuer Geschmacksnuancen hat auch seine Schützlinge bereichert. Und natürlich stehen auch mal Pizza, Milchreis oder Wiener Würstchen auf der Speisekarte. Bunt gemischt, wie die Lebenserfahrungen von Mustapha Houneineh selbst.

    Hummus und Hühnchen mit Zitrone

    In der nagelneuen Küche, in der Houneineh seit der Modernisierung der Herbert-Meder-Schule mit Tagesstätte zu Werke gehen kann, steht immer ein Glas selbstgemachte Tahini bereit, die berühmte weiße Sesampaste der arabischen Küche, unverzichtbarer Bestandteil für Hummus. Aus einem anderen Glas strömt der strenge Duft von Knoblauchbutter. Und das Sieben-Gewürze-Pulver mit Nelken, Kardamom, Zimt, Muskat und anderen Spezereien macht Mustapha Houneineh natürlich selbst.

    Eine kulinarische Niederlage will er nicht verschweigen: "Einmal habe ich Hähnchenspieße auf japanische Art gemacht, das war ein Reinfall", gibt er zu. Seine Hühnchen-Variante mit Zitronen aber ist jedes Mal der Renner bei den Mädchen und Buben der heilpädagogischen Tagesstätte. "Kinder sind ehrlich, darauf kann ich mich einstellen", sagt Mustapha Houneineh.

    Dolmetscher in der Flüchtlingskrise

    "Die Arbeitsatmosphäre hier ist super, ich komme jeden Tag gerne hierher", sagt der weitgereiste Mann. In Mellrichstadt selbst ist er kein Unbekannter. Als 2015 viele Flüchtlinge  nach Mellrichstadt kamen, wurden seine arabischen Dolmetscher-Dienste schnell unverzichtbar. Im Helferkreis rund um Marianne Fritz engagierte er sich ganz stark für die Menschen, die im Streutal Aufnahme gefunden hatten.

    Mit dem damaligen Bürgermeister Eberhard Streit engagierte sich Mustapha Houneineh zu Beginn der Flüchtlingswelle 2015 für die Neuankömmlinge in Mellrichstadt.
    Mit dem damaligen Bürgermeister Eberhard Streit engagierte sich Mustapha Houneineh zu Beginn der Flüchtlingswelle 2015 für die Neuankömmlinge in Mellrichstadt. Foto: Sabine Pagel

    "Das war ein Vollzeitjob", erinnert sich Houneineh an die schwierigen Monate der so genannten Flüchtlingskrise. Die Lage hat sich ja mittlerweile beruhigt, aber Unterstützungsdienste leistet er immer noch. "Ich begleite zum Beispiel eine Familie ins Krankenhaus, da sind Sprachkenntnisse doch auch wichtig", sagt der Ehrenamtliche. Er ist bis heute positiv überrascht, wie Deutschland die Flüchtlinge aufgenommen habe. "Natürlich gab es auch Probleme, aber im Allgemeinen ist doch alles positiv gelaufen", sagt der Libanese.

    Volleyball als leidenschaftliches Hobby

    Sein Volleyball-Talent aus Studententagen hat er sich bis heute bewahrt. Bei den Freizeit-Sportlern des TSV Unsleben ist er jeden Freitagabend mit Leidenschaft dabei. "Der Termin ist heilig", schmunzelt Houneineh, der übrigens am liebsten Urlaub in St. Peter Ording macht. Er hat in der Rhön offenbar seinen Platz gefunden. Und damit natürlich auch ein deutsches Lieblingsgericht, das kein Sieben-Gewürze-Pulver braucht: "Mehlklöße mit Gurkensalat esse ich für mein Leben gerne", sagt Mustapha Houneineh. Am Ende ist man als Mensch genau dort zu Hause, wo einem alles im Leben schmeckt.

    Aus Mustaphas RezeptbuchHummus (Kichererbsenpüree):
    Zutaten:
    1 Dose Kichererbsen (weich, Abtropfgewicht 265 g)
    100 ml eiskaltes Wasser
    1-2 Knoblauchzehen
    Saft von 1 Zitrone
    ½ Teelöffel Salz
    ½ Teelöffel gemahlener Kreuzkümmel
    120 g Tahini (Sesammus, ungesalzen)
    1-2 Esslöffel Olivenöl (optional)
    Zubereitung:
    Die Kircherbsen aus der Dose durch ein Sieb abgießen, dabei 50 ml Kichererbsenwasser abgießen. Den Saft einer Zitrone, die Knoblauchzehe und das Salz im Mixer glatt rühren. Dann 120 g Tahini in den Mixer geben und durchmixen. Langsam das kalte Wasser und das Kichererbsenwasser hinzufügen. Mit Salz und Zitronensaft abschmecken. Im letzten Schritt die Kichererbsen, 1-2 EL Öl und ½ TL Kreuzkümmel hinzufügen und 3 Minuten mixen, bis eine cremige Masse entsteht. Zum Servieren nach Belieben mit Olivenöl beträufeln und mit Toppings (Kirchererbsen, Sesam, Kräuter) dekorieren. Dazu passen Cracker, Fladenbrot oder Gemüsesticks.Hühnchen mit Zitronen und Kartoffeln
    Zutaten:
    1,5 kg Hähnchen mit Knochen
    5 Knoblauchzehen, gehackt
    3 EL frischer Zitronensaft
    2 TL Zitronenschale, gerieben
    2 1/2 TL getrockneter Oregano
    1 TL getrocknetes Basilikum
    1 TL getrockneter Rosmarin, zerkleinert
    Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
    1 1/2 EL Olivenöl
    1/2 Tasse Hühnerbrühe
    1,5 kg Kartoffeln
    4 _EL 7 Gewürze:
    1 EL gemahlener, schwarzer Pfeffer
    1 EL gemahlener Zimt
    1 EL gemahlene Nelken
    1 EL gemahlener Koriander
    1 EL gemahlener Kreuzkümmel
    1 EL gemahlene Muskatnuss
    1 EL Kardamon Optional

    Hähnchen 2 Minuten in Essig einweichen (um den "Huhngeruch" zu entfernen), gut mit kaltem Wasser abspülen und trocknen tupfen. Machen Sie Schnitte in das Hühnchen, damit die Knoblauchsauce tief in das Innere sickern kann. Reiben Sie das Huhn mit einem oder zwei Esslöffeln Olivenöl, einer Prise Salz und einer Prise "7 Gewürze" ein. Kartoffeln schälen und dann in Scheiben von etwa 1/2 cm schneiden, leicht salzen. Hühnchen auf den Boden des Backblechs legen (vorzugsweise Metall), Kartoffeln darauf legen und bei 180° C (mittlere Hitze) für etwa 40-50 Minuten backen. In der Zwischenzeit die Knoblauchzehen, 1/2 Teelöffel Salz und 2-3 Esslöffel Olivenöl in einen Mixer geben und 4-5 Minuten drehen, den Zitronensaft hinzufügen und weitere 4-5 Minuten drehen, bis Sie eine schöne zitronig-knoblauchartige Sauce haben. Das fertig gebackene aus dem Ofen nehmen und Fett und Wasser ablaufen lassen. Die Knoblauchsauce über das Hühnchen gießen und gut mit den Kartoffeln vermischen. Alles noch einmal im Ofen weitere 5-10 Minuten anbraten, bis die Kartoffeln rötlich werden. Warm servieren.Quelle: fg

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