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Kleinbardorf: Wissenschaftler untersuchen jüdische Grabmäler in Kleinbardorf: Was die verwitterten Inschriften ihnen verraten

Kleinbardorf

Wissenschaftler untersuchen jüdische Grabmäler in Kleinbardorf: Was die verwitterten Inschriften ihnen verraten

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    Susanne Klemm zeigt Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert einen jüdischen Grabstein, dessen Inschrift weitgehend gut erhalten ist.
    Susanne Klemm zeigt Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert einen jüdischen Grabstein, dessen Inschrift weitgehend gut erhalten ist. Foto: Hanns Friedrich

    Einiges an Arbeit kommt auf die Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege Schloss Seehof Bamberg am jüdischen Friedhof Kleinbardorf zu. Sie dokumentieren 3134 Grabsteine. Der jüdische Friedhof von Kleinbardorf ist flächenmäßig der zweitgrößte im Freistaat Bayern und der viertgrößte, wenn man die Zahl der Grabsteine zugrunde legt. "Es sind 3134 Grabmäler", berichtet Susanne Klemm vom Landesamt für Denkmalpflege Schloss Seehof in Bamberg. Sie ist zuständig für alle 124 jüdischen Friedhöfe in Bayern. Das sind 80.000 Grabsteine.

    Zurzeit erstellt sie einen Vermessungsplan für Kleinbardorf. Gleichzeitig werden die Geodaten für jeden einzelnen Grabstein ermittelt, anschließend bekommen die Grabsteine eine Nummer, werden fotografiert und katalogisiert.

    Die Grabmäler sind steinerne Archive

    Eine große Herausforderung ist es, die Inschriften zu entziffern, denn sie wurden durch die Witterung in den vergangenen Jahrhunderten stark in Mitleidenschaft gezogen und sind teilweise kaum noch lesbar, besonders wenn viele Grabsteine, wie es in Kleinbardorf der Fall ist, aus Sandsteine sind.  Vor allem bei Frost werden einzelne Steinpartikel regelrecht abgesprengt. Irreversible Verluste sind die Folge. Wichtig sei, so Susanne Klemm, dass die Grabsteine schonend gereinigt werde. Sie seien oft mit Moos und Flechten überwuchert. Auch das Fotografieren der Grabsteine, vor allem der Inschriften, erfordert einiges an Kenntnis. "Die Grabmäler sind steinerne Archive, die hier in Kleinbardorf bis zurück ins 16. Jahrhundert reichen", erklärt Klemm.

    Michael Tully (Steinmetz und Restaurator) nimmt mit Saskia Pudwil (Assistenz) die einzelnen Grabsteine auf.
    Michael Tully (Steinmetz und Restaurator) nimmt mit Saskia Pudwil (Assistenz) die einzelnen Grabsteine auf. Foto: Hanns Friedrich

    Die Inschriften müssen erst übersetzt werden

    Mit der Dokumentation wird es möglich sein, mehr über die Juden zu erfahren, die auf dem Friedhof bestattet sind. Auf den Grabsteinen sind viele Informationen vermerkt, die erst einmal von Fachleuten übersetzt werden müssen: der Name des oder der Toten, der Wohnort, das Sterbedatum, die Stellung in der Gemeinde und der Beruf.

    "Unklar ist, ob es 25 oder 27 jüdische Gemeinden waren, die hier bestattet haben. Oftmals wurden auch Menschen dort bestattet, die nicht aus einer jüdischen Gemeinde in Rhön und Grabfeld stammen", sagt Susanne Klemm. "Es ist ein riesiger Friedhof, der die gesamte Region abgedeckt hat. Am Landesamt für Denkmalpflege wird deshalb eine Datenbank erstellt. Alle Erkenntnisse, die wir hier sammeln, egal welche, Inschriften, Zitate, Gesteinsmaterial, Personendaten sind dort abgelegt." 

    Manche Grabsteine sind umgefallen

    Bereits seit Februar arbeiten die Experten auf dem Kleinbardorfer Friedhof. Die Aufgabe von Susanne Klemm besteht in der Koordination der Maßnahmen. Aktuell wird festgelegt, welche Steine gereinigt werden. In manchen Bereichen sind die Grabsteine umgefallen. Gelegentlich werden stark geneigte Grabsteine durch die Friedhofsverwaltung der israelitischen Kultusgemeinden wiederaufgerichtet.

    Interessant: Am Kleinbardorfer Friedhof sind die älteren Grabsteine in die Erde eingegraben, im neueren Bereich sitzen sie bereits auf Steinsockel, das geschah allerdings erst im 19. Jahrhundert. Festgestellt hat die Expertin eine Fläche mit kleinen Grabsteinen, bei denen es sich um Kindergräber handeln dürfte. 

    Der jüdische Friedhof in Kleinbardorf1298 sind Juden im Königshöfer Grabfeld urkundlich belegt. Der jüdische Friedhof Kleinbardorf besteht nachweislich seit 1574. Im Saalbuch im Staatsarchiv Würzburg vom Jahr 1602 ist unter Kleinbardorf vermerkt: "Der Juden Begräbniß ist uff einer Ellern zu oberst der Wartburg gegen Sulzfeld zu nächst an dem Weg gelegen, richtig versteint und hat ongefährlich 1 Acker Felds inne, darauf sich nit allein die Inheimischen, sondern auch andere benachbarte Juden begraben lassen, davon jährlich dem hochwürdigen Fürsten, meinen gnädigen Herren von Würzburg sie 14 rheinische Thaler geben, es werde gleich jemand dasselbig Jahr darauf begraben oder nit." 1796 wird im Kataster des Israelitischen Begräbnisvereins Kleinbardorf vermerkt, dass Land für die Erweiterung des Friedhofs gekauft wurde und dieser nunmehr 17.970 Quadratmeter umfasse. 1843 wurden abermals 3.080 Quadratmeter von den Israeliten dazu erworben, sodass der Friedhof heute 21.050 Quadratmeter aufweist.Quelle: hf

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