Insgesamt 300 000 Euro zusätzlich zur Unterstützung der freien Kulturszene im kommenden Jahr: Das war der größte Einzelposten, den der Stadtrat zum Auftakt der Haushaltsberatungen im CCW für das kommende Jahr am Donnerstag beschlossen hat. Der Sondertopf Kulturelle Einrichtungen wurde von 200 000 Euro auf 450 000 Euro aufgestockt, die vorgesehenen Investitionskostenzuschüsse sollen auf 100 000 Euro verdoppelt werden.
"wir glauben, dass wegen Corona erst das Haushaltsjahr 2022 richtig schwierig werden wird."
Alexander Kolbow, SPD-Fraktionsvorsitzender
Es war ein holpriger Auftakt in die zweitägigen Etat-Beratungen – das lag aber nicht an den handelnden Personen, sondern an der Technik im CCW: Ein defektes Mischpult im Franconia-Saal sorgte für akustische Probleme, die erst nach einer längeren Unterbrechung behoben waren. Zuvor hatten Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Kämmerer Robert Scheller die Fraktionen noch einmal um Zurückhaltung bei ihren Anträgen gebeten, weil im Haushaltsentwurf bereits eine Neuverschuldung in Höhe von 10,7 Millionen Euro und eine Rücklagen-Entnahme von fünf Millionen Euro vorgesehen war: „Wir liegen im Grunde jetzt schon schief mit 15,7 Millionen Euro“, betonte der OB vor dem Start in die Beratungen.
Am längsten gerungen wurde um die Hilfen für die freie Kulturszene der Stadt
Alle Wünsche der einzelnen Fraktionen müssen ebenfalls durch weitere Corona-Kredite oder aus der Rücklage gegenfinanziert werden. Als der Verwaltungshaushalt um kurz vor 13 Uhr abgearbeitet und einstimmig beschlossen war, stand die zusätzlich benötige Summe bereits bei knapp 2,9 Millionen Euro. Stadtrat und Verwaltung haben sich darauf geeinigt, über die Art und Weise der Gegenfinanzierung am Ende der Beratungen zu entscheiden.



Am längsten gerungen wurde am Vormittag über die Hilfen für die von der Corona-Krise in Mitleidenschaft gezogene freie Kulturszene der Stadt. Dass Hilfe von Seiten der Stadt erforderlich ist, wurde dabei nicht in Frage gestellt, es ging lediglich um die Höhe des Sonderetats und die Finanzierung. Die CSU-Fraktion hatte vorgeschlagen, die für den Hafensommer 2021 im Haushalt vorgesehenen 250 000 Euro für die Erhöhung des Sonderetats zu verwenden – im Entwurf der Kämmerei waren 200 000 Euro vorgesehen.
Grüne, SPD und Linke glauben an den Hafensommer im Jahr 2021
Grüne, SPD und Linke wehrten sich gegen eine komplette Streichung des Hafensommers. Die Veranstaltung sollte im kommenden Jahr mit regionalen Künstlern und einem anderen Format abseits des Hafenbeckens erhalten bleiben, betonte unter anderem Patrick Friedl (Grüne). Am Ende entschied der Stadtrat einstimmig, den Sondertopf Kulturelle Einrichtungen mit 450 000 Euro zu bestücken und gleichzeitig den Etat des Hafensommers auf 150 000 Euro zu reduzieren.
Keinen Erfolg hatte die ÖDP mit ihrem Antrag, die im Haushaltsentwurf als Betriebs- und Investitionskostenzuschuss für die Würzburger Kickers eingestellten 225 000 Euro komplett streichen zu lassen – nur 13 der anwesenden 47 Stadträtinnen und Stadträte stimmten dafür.
Intensive Diskussion um die Fortschreibung des Radverkehrskonzepts
Intensiv diskutiert wurde auch ein Antrag der Grünen auf 100 000 Euro für die Fortschreibung des aus dem Jahr 2016 stammenden Radverkehrskonzepts – nach einer Reduzierung des Betrags auf 50 000 Euro gab es eine knappe Zustimmung.
SPD will Schulen mit Luftfilteranlagen ausstatten
Länger diskutiert wurde auch über einen Antrag der SPD-Fraktion, die ohne einen konkreten Betrag zu nennen, die städtischen Grundschulen mit mobilen Luftfilteranlagen nachrüsten will.

Schulbürgermeisterin Judith Jörg erläuterte, das Thema sei bereits im Schulausschuss im Oktober diskutiert und eine solche Anschaffung einstimmig abgelehnt worden. Sie verwies auf Erfahrungen aus anderen Städten, dass derartige Geräte nicht nur sehr teuer in Anschaffung und Unterhalt seien, sondern auch das regelmäßigte Lüften nicht ersetzen könnten. Zudem seien bei Neubauten oder Sanierungen an den städtischen Schulen bereits fest eingebaute Lüftungsanlagen vorgesehen. Nach längerer Diskussion mit mehreren Wortmeldungen fand sich keine Mehrheit für den Antrag.
SPD will Umgestaltung des Kardinal-Faulhaber-Platzes verschieben
Um die anstehende Umgestaltung des Kardinal-Faulhaber-Platzes ging es in einem weiteren Antrag der SPD-Fraktion. Diese wollte angesichts der wegen der Corona-Pandemie zu erwartenden Mindereinnahmen die dafür im kommenden Jahr vorgesehenen 250 000 Euro in den Haushalt des Jahres 2023 verschieben. Auch die insgesamt 2,4 Millionen Euro, die bis zum Jahr 2024 dafür vorgesehen waren, sollten um zwei Haushaltsjahre verschoben werden.
"Die Bürgerschaft hat gesprochen und will eine Neugestaltung mit tief wurzelnden Bäumen."
Christian Schuchardt, Oberbürgermeister
"Wir haben derzeit dort ein sehr gutes Provisorium, das es uns erlaubt, die Pläne um zwei Jahre zuschieben", begründete Fraktionsvorsitzender Alexander Kolbow den Vorstoß seiner Fraktion. "Denn wir glauben, dass wegen Corona erst das Haushaltsjahr 2022 richtig schwierig werden wird." Damit stieß er bei Kämmerer Robert Scheller erwartungsgemäß auf offene Ohren: "Das würde uns erheblich entlasten", so Scheller.
Doch nicht nur Klimabürgermeister Martin Heilig, der mehr Grün in der Stadt auch als eine Frage der Attraktivität der Innenstadt bezeichnete, sprach gegen den Antrag. Auch Oberbürgermeister Christian Schuchardt war kein Freund des SPD-Vorstoßes. "Die Bürgerschaft hat gesprochen und will eine Neugestaltung mit tief wurzelnden Bäumen", verwies der OB, wie auch weitere Wortmeldungen aus den Fraktionen, auf den Bürgerentscheid aus dem Jahr 2017. Der Antrag wurde schließlich abgelehnt.
Der zweite Tag der Haushaltberatungen im Franconia-Saal des CCW beginnt an diesem Freitag um 9 Uhr.