Sie arbeiten am Limit. Beschäftigte aus zehn Kliniken in der Region sagen, wie Corona ihre Arbeit bestimmt und was sie sich wünschen. Für sich, für uns, für alle. Eine Kooperation von Main-Post und Kliniken in der Region.
Klinik König-Ludwig-Haus, Würzburg
BERT FASCHER, Hygienefachkraft
Hygienefachkraft Bert Fascher organisiert in der Klinik König-Ludwig-Haus in Würzburg pro Woche hunderte von COVID-19-Abstrichen – für Patient:innen und Beschäftigte. „Für mein Team und mich bedeutet das jeden Tag einen hohen Zeitaufwand, der on top zum „normalen“ Tagesgeschäft kommt.“ Aktuell wird die Lage verschärft durch einen Mangel an Schnelltests. Daher muss priorisiert werden, wer getestet wird, um den Klinikbetrieb weiterhin aufrecht erhalten zu können. „Alle Geimpften helfen uns, die Situation etwas zu verbessern. Geht deshalb bitte zum Impfen. Es hilft. Euch selbst und Euren Mitmenschen.“
Thoraxzentrum Bezirk Unterfranken

DR. BERND SEESE, Chefarzt und ärztlicher Direktor
Vor der 3. COVID-Impfung fragte ich mich, ob ich Nebenwirkungen erleide – nichts. 4 Tage später war ein COVID- Routineabstrich positiv, ich war beschwerdefrei und ging in Quarantäne. Dann bekam ich eine Triefnase. Ich schätzte mein Risiko ab, schwer zu erkranken, schonte mich, nach 4 Tagen war alles OK. Die Impfung verhinderte nicht die Infektion, aber möglicherweise einen schweren Verlauf.Wenn ich an die Patienten auf unserer Intensivstation oder die Post-Covid-Patienten denke, bin ich froh geimpft zu sein. Mit der Impfung ist es wie bei einer Versicherung: im Ernstfall gut sie zu haben.
Main-Klinik Ochsenfurt

KATRIN HÖRLIN, Gesundheits- und Krankenpflegerin auf der Corona-Normalstation
Ich arbeite seit 23 Jahren in der Main-Klinik Ochsenfurt und seit Beginn der Pandemie auf der Corona-Normalstation. Die Überlastung der Intensivstationen steht im öffentlichen Focus. Aber auch bei uns auf der Normalstation wird wichtige Arbeit geleistet.Wir sind Pflege-Profis, wir geben täglich unser Bestes und wir kämpfen für Euch, dass Ihr – unsere Patienten – nicht auf Intensivstation verlegt werden müsst. Leider verlieren wir oft den Kampf und das macht mich mürbe – wir sind am Limit! Unser Problem sind definitiv die ungeimpften Menschen, wodurch sich die Lage auch bei uns in der Main-Klinik zuspitzt. Macht mit! Bitte entlastet uns! Lasst euch impfen!
Leopoldina Krankenhaus, Schweinfurt

ANDREAS SCHENKER, Stationsleiter Operative Intensivstation
Ich kann mich an die erste Welle erinnern. Keiner wusste was kommt. Da gab es auch bei uns Ungewissheit. Wir haben die Herausforderung angenommen und gemeistert. Die Motivation war sehr hoch. Alle sind an ihre Grenzen und darüber hinausgegangen. Während der dritten Welle dann Nüchternheit ob der teilweisen Ignoranz. Jetzt die vierte Welle. Wir können vieles von dem absurden Gerede nicht mehr hören.Wir sehen nahezu täglich Menschen sterben – das belastet, das kann man nicht wegleugnen. Dennoch, wir sind Profis genug und geben auch jetzt wieder unser Bestes. Das könnt ihr auch. Jeder weiß was zu tun ist. Es kommt auf jeden von euch an. Danke!
Universitätsklinikum Würzburg

ANDREAS MÜNCH, Stationsleiter Internistische Notaufnahme und Aufnahmestation
Seit 18 Monaten plagen wir uns mit zusätzlichen Belastungen und Einschränkungen. Gab es vorher bereits Arbeitsverdichtung und Personalmangel, müssen wir immer häufiger an und auch über unsere Grenzen gehen. Zwischen den Wellen gibt es keine „Normalität“ – und mit jeder Welle bedarf es anteilig größerer Kapazitäten für Covid- Patienten. Der Blick in den Süden und die Prognosen deuten eine weitere Verschärfung der Situation an, wir haben Angst, der Belastung nicht mehr gewachsen zu sein. Unser Appell an die Politik: endlich handeln – an die Gesellschaft: solidarisch sein und sich impfen lassen!
Klinikum Würzburg Mitte

JOACHIM PÄCKERT, Pflegerische Leitung Intensivstation
Wir versorgen jeden Patienten, der zu uns kommt, hochwertig und professionell – ob er geimpft ist oder nicht, spielt für uns keine Rolle. Aber die Versorgung ist aufwendig und belastend, insbesondere das Arbeiten mit Schutzausrüstung und das Schleusen. Dazu die ständige Gefahr einer Infektion und die Sorge, Angehörige und Bekannte anzustecken. Man kann es sich vermutlich nicht vorstellen, wenn man es nicht miterlebt. Aber gerade angesichts der aktuellen Diskussionen und Entwicklungen müssen wir froh sein, dass es weiterhin so viele Pflegekräfte gibt, die jeden Tag ganz selbstverständlich und ohne Angst vor einer Ansteckung ihrer Arbeit nachgehen!
Klinikum Main-Spessart, Lohr

DR. SUSANN WALZ, Intensivmedizinerin und Pandemiebeauftragte
Unsere Intensivstation platzt aus allen Nähten. Wir versorgen überwiegend COVID- 19-Patient:innen. Meine Sorge gilt auch allen Non-COVID-Patient:innen, die bereits in den vorherigen Wellen zurückstecken mussten. Im Sommer haben wir unsere Chance in Deutschland verpasst, gut durch diesen Winter zu kommen. Das ist für uns als Team sehr frustrierend, dass wir jetzt jeden Tag erleben müssen, was passiert, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird. Also laufen wir jetzt der Welle hinterher und müssen uns in einem der besten Gesundheitssysteme weltweit mit sehr schwierigen Themen auseinandersetzen, z.B. Triage.
Rotkreuzklinik Würzburg

ANNE MARIENFELD, Pflegedirektorin
Ich bedanke mich bei allen Würzburgerinnen und Würzburgern, die bereits geimpft sind und denen, die sich noch impfen lassen. Die Impfung ist ein gesellschaftlicher Beitrag, die Gesundheitsversorgung der Stadt aufrecht zu erhalten. Wir müssen an Patienten denken, die wegen anderer Erkrankungen abseits von Corona medizinisch und pflegerisch gut versorgt werden müssen. Es geht zudem um den Zusammenhalt und die Werte unserer Gesellschaft! Die Politik ist jetzt gefordert, Entscheidungen zu treffen – dazu hat die Wissenschaft längst die Grundlagen geschaffen. Die derzeitige Lage ist brisant wie nie!
Klinik Kitzinger Land

SIGRID FRÖHLICH, Gesundheits- und Krankenpflegerin
Corona ist auch ein Dauerthema in der KKL. Die Inzidenz steigt – die Stimmung sinkt. Es gibt ständig neue Regeln, die umgesetzt werden müssen. Wir werden von Corona-Leugnern oder Impfgegnern teils übel beschimpft. Nach Dienstende haftet das Virus noch mental an uns, denn in den Medien geht es weiter mit Nachrichten über Virusvarianten sowie Meldungen über Covid-Fälle im sozialen Umfeld. „Haltet durch“ hören wir oft. Dazu brauchen wir eure Hilfe und wünschen uns Verständnis und Respekt! Gesundheit ist wichtiger, als temporär begrenzte Freiheit! Wir halten nur als Team durch.
Krankenhaus St. Josef, Schweinfurt

MICHAELA KOPP, Krankenschwester Intensivstation
So eine Situation gab es vorher noch nicht. Sie stellt uns nicht nur medizinisch vor Herausforderungen. Viele Corona-Patienten haben Angst. Erst die Tage war da einer, der lehnte den Kopf an meine Schulter und flüsterte: „Lass mich bitte nicht sterben!“ Und, es gibt welche, die bis zuletzt jedwede Behandlung verweigern. Das ist frustrierend. Ebenso, wie sich die Leute draußen bekriegen. Wir wollen doch alle wieder Normalität. Im Moment frage ich mich jeden Tag:Wie soll das weitergehen? Meine Motivation durchzuhalten, ist unser Team! Wir halten zusammen. Auch wenn die Situation grad beschissen ist, weiß ich: Gemeinsam schaffen wir das.
Reporterinnen & Reporter berichten aus den Kliniken
Auf der Intensivstation im St. Josef in Schweinfurt: "Das Sterben hat sich verändert" Auf der Intensivstation der Uniklinik Würzburg: Wenn Verlieren Alltag wird Auf Station 51 im Schweinfurter Leopoldina-Krankenhaus: Aus der Not geboren