Gleich zu Beginn des Gesprächs macht Susanne Richter, Vorsitzende der Kreisgruppe des Bundes Naturschutz in Rhön-Grabfeld, klar: "Die Europawahl ist sehr wichtig für uns." Die Europäische Union sei unbedingt notwendig und müsse nicht nur erhalten, sondern auch gestärkt werden. Warum sie dieser Meinung sind, zeigen sie und Helmut Bär, ebenfalls Vorsitzender der Kreisgruppe, auf.
Europäisches Naturerbe in Rhön-Grabfeld
Rhön-Grabfeld hat einen großen Anteil an Natura 2000-Gebieten, erklärt Richter. Mit 25 Gebieten sind insgesamt 30 Prozent der Fläche des Landkreises Teil des europaweiten Programms. "Damit sind wir ein Landkreis mit besonderer Stellung und nach unserer Meinung auch besonderer Verantwortung", ist Richter überzeugt. Als Beispiel für einen schützenswerten Lebensraum nennt sie die Magerwiesen der Langen Rhön mit ihrem Bestand an Gras- und Blühpflanzen, die ins Programm von Natura 2000 fallen.
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Kritik zur Umsetzung von Natura 2000 haben die beiden Vorsitzenden allerdings auch. "Im EU-Fond für die Flora-Fauna-Habitate und die Vogelschutzgebiete ist deutlich zu wenig", so Bär. Susanne Richter verdeutlicht: Nach der Kartierung der Gebiete müssen Verhandlungen mit den Flächen-Nutzern geführt werden. Dabei würden die Naturschutzbehörden an ihre Personalgrenzen stoßen. Außerdem seien die finanziellen Mittel für Ausgleichszahlungen, die es für die Ausfälle bei der Flächennutzung im Zuge von Natura 2000 gibt, zu gering.
Was haben Bieber und Wolf mit Europa zu tun?
Ein weiteres Thema, das Rhön-Grabfelds Natur mit Europa verbindet, sind Tierarten, die europäisch geschützt sind. Dazu gehören Bieber, Wolf und Luchs. Vor allem Bieber und Wolf sorgen immer wieder für Diskussionen. Gerade der Bieber liegt Bär am Herzen. "Bieber tragen gewaltig zur Artenvielfalt bei." Wo Bieber ihre Dämme bauen, steige, neben dem Grundwasserspiegel, das Vorkommen an Fischarten, Insekten und Vögeln. Es entstehe ein Biotop, das, wollte man es künstlich schaffen, 10000 bis 15 000 Euro kosten würde.
Allerdings versteht Bär auch den Ärger über die Bieber. Wenn beispielsweise Wiesen überschwemmt werden, die zur Gewinnung von Futtermittel eingeplant waren, müsse es mehr Mittel für Entschädigungen von der EU geben. Und sei nicht genügend Geld da, muss nach Meinung der Vorsitzenden Bayern einspringen - als Zeichen, dass der Artenschutz ernst genommen wird.
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Zu viel Nitrat im Wasser
Für Bär außerdem relevant: Grenzwerte für den Klimaschutz, die Luftreinhaltung oder die Qualität der Böden. Besonders im Grabfeld sei die Umsetzung der Wasser-Rahmen-Richtlinie der EU wichtig. Der Nitratwert von 50 Milligramm pro Liter werde dort teils überschritten. Das liege mitunter am geringen Niederschlag in der Region: "Wir gehören mit zu den trockensten Gebieten in Bayern", so Bär.
Dort müsse man gemeinsam mit den Landwirten schauen, was geändert werden muss. Gerade bei der Landwirtschaft sei der Bund Naturschutz der Meinung, dass nicht alles vor Ort geregelt werden kann. Da seien die EU und Bayern gefordert. Richter macht deutlich: "Wir wollen eine Agrarpolitik, die die kleinen Betriebe unterstützt, die wir im Landkreis zahlreich haben."
Rhön-Grabfeld ist ein Juwel
Zu den Vorzeigeprojekten in Sachen Naturschutz und grenzübergreifender Zusammenarbeit gehört das "Grüne Band" an der Landkreisgrenze. Es verläuft entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Dort gibt es zum Beispiel noch die seltene Wanstschrecke, erklärt Bär.
Abschließend fasst Richter zusammen: "Der Landkreis ist ein Juwel an intakter Landschaft. Ein Naturjuwel, dass erhalten und, wenn möglich noch verbessert werden muss." Dafür müssten die Naturschutzgesetzgebung in der EU gestärkt und genügend Finanzmittel bereitgestellt werden, sind sich die Vorsitzenden einig.