Politik Standpunkt: Dümmer geht's nimmer Dank der jüngsten Hartz-IV-Reform droht eine Panne, die als Schildbürgerstreich durchgehen könnte, wenn die Folgen nicht so bitter ernst wären. Die Zustimmung zum Gesetz über die Neuregelung des Existenzminimums von Langzeitarbeitslosen und ihren Familien hatte sich die Bundesregierung bekanntlich mit einem Köder erkauft: Die Kommunen werden von den stetig steigenden Kosten für die Hartz-IV-Empfänger im Rentenalter entlastet. Die Kehrseite der Medaille: Der Bund holt sich die notwendigen Milliarden für sein Geschenk von der Bundesagentur für Arbeit zurück. Nun bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder die Beitragszahler müssen wieder tiefer in die Tasche greifen, was eine für die Regierung unliebsame Diskussion über steigende Lohnnebenkosten nach sich zieht. Oder, sehr viel wahrscheinlicher, die Bundesagentur muss sparen. Das kann sie aber nur bei der Arbeitsförderung, also bei Umschulung, Qualifizierung und Weiterbildung. Aber es kommt noch schlimmer: Durch den Rotstift bei den Hilfsprogrammen finanzieren dann die Arbeitslosen die Hartz-IV-Reform gewissermaßen selbst. Obendrein wird noch dafür gesorgt, dass der „Nachschub“ ins Hartz-IV-System gesichert ist. Dümmer geht's nimmer. Von STEFAN VETTER red.politik@mainpost.de Icon Favorit Icon Favorit speichern
LKR. BAD KISSINGEN Altersarmut betrifft hauptsächlich Frauen (sus) Leben am Rande des Existenzminimums: Weil ihre Rente nicht zum Leben reicht oder weil sie dauerhaft voll erwerbsunfähig sind, waren im Landkreis Bad Kissingen Ende 2009 insgesamt 834 Männer und Frauen auf Sozialhilfeleistungen der Grundsicherung angewiesen. Das waren 38 Menschen weniger als ein Jahr zuvor, geht aus den Zahlen des Landesamtes für Statistik hervor. Icon Favorit Icon Favorit speichern
Berlin Hartz IV: Neuregelungen auf der Zielgeraden Die Neuregelung des Existenzminimums für Hartz-IV-Empfänger geht auf die politische Zielgerade. Am 20. Oktober soll das Kabinett die Vorlage verabschieden. Danach beginnt der parlamentarische Hürdenlauf. Mit Überblick über Arbeitsmarktreformen Hartz I bis IV. Von unserem Korrespondenten Stefan Vetter Icon Favorit Icon Favorit speichern
KITZINGEN DGB: Immer mehr Aufstocker (tsc) 381 Beschäftigte mit sozialversichertem Job mussten im Sommer 2009 nach einer Analyse des DGB im Kreis Kitzingen Hartz IV beziehen. Sie konnten durch eigene Arbeit nicht das Existenzminimum sichern und waren als so genannte Aufstocker ergänzend auf staatliche Fürsorge angewiesen. Icon Favorit Icon Favorit speichern
Karlsruhe (dpa) Karlsruhe vor Grundsatzurteil zu Hartz IV für Kinder Im Verfahren um die Hartz-IV-Sätze für etwa 1,7 Millionen Kinder will das Bundesverfassungsgericht erstmals über Inhalt und Grenzen eines menschenwürdigen Existenzminimums entscheiden. Icon Favorit Icon Favorit speichern
BAD NEUSTADT Mehr Erfolg mit einer Stimme Die sozialen Probleme nehmen zu: Die Wirtschaftskrise trifft vor allem Menschen, die ohnehin schon am Existenzminimum leben. Die finanzielle Ausstattung von Sozialverbänden und karitativen Organisationen wird knapper. Die Zahl Hilfesuchender wächst. Unter diesen Vorzeichen hat sich im Landkreis eine Arbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege gegründet, die sich jetzt vorstellte. Eckhard Heise Icon Favorit Icon Favorit speichern
Unterm Strich Standpunkt: Viel Nachholbedarf Die Sicherung des Existenzminimums ist ein Gebot unserer Verfassung. Dazu gehört auch die fortlaufende Anpassung des Kindergeldes. Seine Erhöhung ist also kein staatlicher Gnadenakt, wie mancher Politiker glauben machen will, sondern notwendig für das familiäre Einkommen. Von STEFAN VETTER red.politik@mainpost.de Icon Favorit Icon Favorit speichern
BERLIN DGB: Niedriglöhne kosten den Staat Milliarden Die Regierung gibt nach Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mittlerweile 4,4 Milliarden Euro aus, um Geringverdienern das Existenzminimum zu sichern. „Wenn die prekären Löhne weiter um sich greifen, dann droht ein Fass ohne Boden“, sagte der Leiter der Arbeitsmarktabteilung des DGB, Wilhelm Adamy, dieser Zeitung. Zu den Betroffenen zählten auch immer mehr Menschen, die über eine ordentliche Ausbildung verfügten. Von unserem Berliner Korrespondenten STEFAN VETTER Icon Favorit Icon Favorit speichern
Unterm Strich Standpunkt: Märkte öffnen reicht nicht Die Zahl ist erschreckend. Jedes fünfte Kind in der EU lebt in Armut – oder ist zumindest bedroht, unter das Existenzminimum abzurutschen. Noch dramatischer aber ist die – auch nicht neue – Mahnung: Armut vererbt sich. Europa muss mehr tun, als nur Märkte zu öffnen und freien Kapitalfluss zu sichern. Es gibt eine große Zahl von Menschen, die nicht an solchen Segnungen teilhaben und denen der Zugang aufgrund von Herkunft und fehlenden Möglichkeiten, sich hochzuarbeiten, versagt bleibt. Der Sozialbericht zeigt, dass Änderungen möglich sind. Gerade die deutschen Zahlen fallen ermutigend aus, auch wenn es keinen Grund zur Entwarnung gibt. Aber es wird deutlich, wie vielfältig die konkreten Hilfen für Familien und Kinder sein müssen (und können), um zu verhindern, dass Armut sich vererbt. Die Verantwortung dafür liegt freilich nicht in Brüssel. Denn es geht um jene politischen Bereiche, die sich die nationalen Regierungen selbst vorbehalten haben. Von Detlef Drewes red.politik@mainpost.de Icon Favorit Icon Favorit speichern
LANDKREIS KITZINGEN Wenn die Rente nicht reicht Reicht die Rente nicht für das Existenzminimum, muss die Grundsicherung den Lebensunterhalt sichern. Die Grundsicherung ist für alle, die entweder über 65 Jahre alt oder „dauerhaft voll erwerbsgemindert“ sind. Laut dem Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung hatten 2006 insgesamt 367 Menschen im Landkreis diese Grundsicherung. Von Susanne Herrmann Icon Favorit Icon Favorit speichern